Full text: Mit einer Einleitung: Zur Methodik des deutschen Unterrichts (Teil 1 = 3. Schuljahr (Septima), [Schülerband])

— XVII — 
setzen. Wenn wir daher die Lautrichtigkeit des Lesens auf dieser Stufe 
betonen, so bringen wir eine Seite zu größerer Geltung, deren Pflege dem 
übrigen Zwecke des deutschen Unterrichts einigen Aufschub bereiten möchte. 
Wer insofern wohl nur scheinbar, als diese Zwecke dadurch mittelbar wieder 
nachdrücklich gefördert werden. Als einen leisen und freundlichen Wink 
fügen wir die Warnung vor zu lautem, fast in das Schreien übergehenden 
Lesen und Sprechen, sowie vor der nicht minder beliebten Sparsamkeit 
im Stimmaufwande bei und wiederholen den Hinweis, daß dem Lehrer 
selbst niemals das Gefühl abhanden kommen dürfe, daß er auch in diesen 
Stücken das Muster seiner Schüler sein müsse. 
Ist nun schon des lautrichtigen Lesens wegen Langsamkeit und Be⸗ 
sonnenheit nötig, so auch um des andern Zieles willen, daß inhaltsgemäß 
gelesen werde. Diese Forderung ist selbstverständlich vor allem Mißverstand 
zu hüten. Jenes, das lautrichtige Lesen, kann äußerlich gelernt werden, 
das logische (inhaltsrichtige) kommt von innen heraus, es ist die not⸗ 
wendige Folge der Erkenntnis. Selbst die Regeln, die in dieser Beziehung 
(in Bezug auf die Betonung der Stammsilben und Hauptbegriffswörter 
des Gedankens) gegeben werden können, haben, genau genommen, keinen 
sonderlichen praktischen Wert, am wenigsten für den, der erst lesen lernt. 
Wir würden raten, auf dieser Stufe davon möglichst abzusehen. Denn 
schon durch das besonnene, langsame, laute und deutliche Lesen be— 
mächtigt sich das Kind des Inhaltes des gelesenen Stückes oder Abschnittes. 
Indem es dann das Gelesene von einem andern Schüler wiederholen hört, 
prägt es sich diesen Inhalt noch fester ein, und kommt nun noch die Hilfe 
des Lehrers in der Besprechung und Erläuterung des Lesestückes hinzu, so 
wird, wenn das Stück nicht völlig außerhalb des Gesichtskreises des Kindes 
liegt, jedes Kind des Inhaltes Herr sein. So erwächst von selbst die Be— 
dingung des inhaltsgemäßen Lesens, das Verständnis. So wenig daher 
gefordert werden kann, daß die Kinder, wenn sie zuerst an das neue Stück 
gelangen, es gut zu lesen vermögen, d. h. gemäß der Form und dem In— 
halte, so sehr wird dahin zu streben sein, daß dies nach gewonnener Be⸗ 
kanntschaft mit dem Stücke der Fall sei. Nur bleibe hier alle Künstelei fern, 
die so leicht einschleicht, wo man nicht früh genug zu einem „ausdrucksvollen 
Lesen gelangen kann. Wo der Schüler nicht bloß die mechanischen Schwierig⸗ 
keiten überwunden, sondern sich auch den Inhalt angeeignet hat, wird sich auch 
gerade so viel Ausdruck finden, als dem Kinde natürlich ist, und alles sonst 
bloß angelernte und anstudierte Betonen ist dann zum mindesten überflüssig
	        
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