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geplagt werden. Mitten unter jene legt es seine Eier und nach wenig
Tagen schlüpfen aus denselben Käferlarven, dichtbehaart und mit langen
Beinen versehen. Mit dem Weitermarschiren an Zweigen und Blättern
übereilen sie sich gerade nicht, habens auch nicht nöthig, denn die Saft—
sauger, die ihre Nahrung ausmachen, laufen ihnen auch nicht davon.
Vorsichtig heften sie jedes Bein erst fest, ehe sie das zweite aufheben, da—
mit ja nicht ein plötzlicher Windstoß sie herabwerfe. Sie packen die erste
Blaitlaus, der sie nahe genug kommen, mit ihren Freßzangen, welche
innen hohl und an der Spitze mit einer Oeffnung versehen sind. Mit
ihnen saugt die Larve des Marienküferchens das Thier aus, darauf wirft sie
den Balg weg und ergreift sofort einen zweiten. Sie wirthschaftet unter
einer Herde Rosensaftsauger schlimmer als Wolfe unter den Schafen.
Wagner.
80. Der Regenwurm.
Der Regenwurm hat zwar einen langen Leib, ist aber im Grunde
doch etwas kurz weggekommen. So hat er z. B. keine Spur von
Augen, und die Ohren haben die Naturforscher alles Suchens ungeachtet
auch noch nicht auffinden können. Selbst sein Maul ist so angethan,
daß er weder gebrannte Mandeln verspeisen, noch Nüsse knacken kann.
Was härter ist als felte, weiche Erde und feine Würzelchen, das muß
er stehen lassen, und wäre es noch so wohlschmeckend. Indes weiß er
fich in dieser Beziehung doch etwas zu helfen. Um sich nämlich zu—
weilen einen guten Salat zu bereiten, zieht er einige schmale Weiden⸗
blaͤter an den Stielen in sein Loch und läßt sie so weit daraus hervor⸗
ragen, daß es aussieht, als hätte sich jemand den Scherz gemacht,
Wudenblätter zu pflanzen. Fangen nun diese Blätter in der Erde an
zu faulen, so sind sie ihm gerade recht und werden mit Wohlbehagen
berzehrt. Während des Nagens zieht er sie immer tiefer hinein und
sorgt auf diese Weise für die Zukunft.
Wer sich die Muhe nehmen will, einen Regenwurm genauer zu
untersuchen, der muß weiter als bis 10 zählen können und auch scharfe
Augen haben, denn erstens besteht sein Körper aus 154 bis 160 Ringen,
und zweitens sind seine Füße so feine, kleine Borsten, daß man sie
leichter fühlt als sieht. Hinter dem 29. oder 30. Ringe befindet sich
in Guriel der unten mit zwei Reihen Saugnäpfen besetzt ist. Schneidet
man einen Regenwurm quer durch, so lebt die vordere Hälfte fort, die
hintere dagegen stirbt.