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86. Die RKapolle.
Jdoh. Ludw. Uhland)
Droben stehet die Lapelle,
Schauet still ins Tal hinab;
Drunten singt bei Wies' und Quelle
Froh und hell der Hirtenknab
Traurig töõnt das Glöõcklein nieder,
Schauerlsich der Leichenchor;
Stille sind die frohen Lieder,
Und der Knabe lauscht empor.
Droben bringt man sie zu Grabe,
Die siceh freuten in dem Tal:
Hirtenknabe, Hirtenknabe,
Dir auch singt man dort einmal!
87. Frieden.
(Paul Flemming.
Laß dich nur nichts dauern Steht allem für;
Mit Trauern; Der gibt auch dir
Sei stille! Das Deine.
Wie Gott es fügt,
So sei vergnügt Sei nur in allem Handel
Mein Wille. Ohn' Wandel!
Steh feste:
Was willst du heute sorgen Was Gott beschleußt,
Auf morgen? Das ist und heißt
Der Eine Das Beste.
III. Fabeln, Märchen, Rätsel.
88. Der Molt und der Sechäfer.
Ein Schũufer hatte dureh eine grausame Seuche seine ganze
Herde verloren. Das erfuhr der Wolf und kam, ihm sein Bei—
leid abzustatten. „Schufer,“ sprach er, „ist es wahr, daß dich
ein so grausames Unglück betroffen? Du bist um deine ganze
Herde gekommen? Die liebe, fromme, fette Herde! Du dauerst
mich und ich möchte blutigé Tränen weinen.“ — „Habe Dank,
Meister Isegrim,“ versetzte der sSchäfer. „Ich sehe, du hast ein
sehr mitleidiges Herz“ — „Das hat er auch wirklich,“ setzte des
Sschafers Phylax hinzu, „sso oft er unter dem Unglück seines
Nicehsten selbst leidet.“