Bedeutung der Hausfrau. 
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kennen, die darin bestehen, daß die Eheschließung keineswegs 
als eine lebenslängliche Versorgung mit Sicherheit betrachtet 
werden kann, — die Volkszählung von t9M hat 2 583872 wit- 
wen ermittelt — und daß die Zukunftsaussichten der Töchter 
unter allen Umständen unsicher sind, so daß die Frage entsteht: 
Sollen sie für einen Erwerbsberuf vorbereitet werden, den sie 
vielleicht bald wieder verlassen, oder für die Ehe, die sie vielleicht 
nie eingehen? Der sichere weg ist, die Tochter für beide Lebens¬ 
möglichkeiten vorzubereiten. Hier setzt dann — nicht durch 
ideologische Vorstellungen, sondern durch die Not der Dinge her¬ 
vorgerufen, — die Frauenbewegung ein in der Richtung ihrer 
auf bessere Erziehung und Bildung gerichteten Bestrebungen, 
in ihrem Verlangen nach Eröffnung immer größerer Berufs¬ 
gebiete für die Frauen und nicht zuletzt das Frauenstudium. Zn 
jüngster Zeit wird auch die hauswirtschaftliche und soziale 
Schulung der Mädchen in einem weiblichen Dienstjahr gefordert. 
Die Frage der Kriegsernährung im Zahre hat die haus¬ 
wirtschaftlichen Aufgaben der Frauen in Helles Licht gesetzt und 
ihre Bedeutung der Öffentlichkeit zum Bewußtsein gekrackt1, 
wird die Standesanschauung, die einer Erwerbstätigkeit in den 
mittleren und höheren Bürgerschichten vielfach entgegensteht, 
überwunden, so zeigt sich oft, daß es an spezieller und insbeson¬ 
dere technischer Fachbildung für einen ernsten Beruf fehlt. So 
ergibt sich für die leichteren und keine besondere Intelligenz 
voraussetzenden Tätigkeiten ein Überfluß und ein Überangebot, 
womit wieder ein Sinken der Arbeitslöhne verbunden ist. Zn 
eigenartiger weise verbinden sich somit in den höheren und mitt¬ 
leren Schichten die wirtschaftlichen und die ideellen Momente, 
wenn das weibliche Mitglied einer Familie ohne nutzbringende 
Beschäftigung ist, ohne ernste häusliche oder sonstige Tätigkeit, 
so stellt sich jener geschäftige Müßiggang ein, der vor allem anderen 
derNährboden ist von Frivolität, Männerfang, unnützem und plan¬ 
losem Lesen gewisser Unterhaltungsromane und dergleichen mehr. 
Das lächerliche Spiel mit überflüssigen Handarbeiten, das Flirten, 
das Verflachen in dilettierender Musik, die Stümperei in Zeichnen 
und Malerei sind die täglich sichtbaren Folgen. Der Drang, mehr zu 
scheinen als zu sein, ist nirgends stärker als bei den unbeschäftigten 
1 Die Abweichung dieser Seite von dem Text der zweiten Auflage dieses 
Werkes verdanke ich der freundlichen Anregung von Frau Elisabeth Gnau ck- 
Aühne in Blankenburg.
	        
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