Full text: [Theil 1 = Für untere Klassen, [Schülerband]] (Theil 1 = Für untere Klassen, [Schülerband])

152. Vier Sabeln. 
Ich will mich stets dafür dankbar bezeigen.“ — „Wie könnte wohl ein Mäus— 
chen einem Löwen Dank erweisen!“ sagte lächelnd der Löwe; doch schenkte er 
großmüthig dem Thierchen Leben und Freiheit. Nur zu bald sollte er indessen 
erfahren, daß auch die Gunst einer Maus nicht zu verachten sei. Er verwickelte 
sich im Laufen in die Stricke eines Jägernetzes, welches an einem Baumstamm 
festgebunden war, und da er sich ungeachtet aller Anstrengungen nicht los machen 
konnte, stieß er ein fürchterliches Gebrüll aus. Was hätte es ihm aber geholfen, 
wenn nicht das Mäuslein zum Glück es gehört hätte? Schnell eilte es seinem 
bedrängten Wohlthäter zu Hülfe, durchnagte die Knoten des Netzes, sodaß der 
Löwe sich nun leicht herausreißen konnte, und sprach zu ihm: „Du hast meiner 
gespottet, nun siehst du, daß auch ein Mäuslein dankbar sein und eine edle 
That vergelten kann.“ Mach Aesop.) 
151. Der Blinde und der Lahme. 
1. Von ungefähr muß einen Blinden 3. Entschließe dich, mich fortzutragen, 
ein Lahmer auf der Straße finden, so will ich dir die Stege sagen: 
und jener hofft schon freudenvoll, so wird dein starker Fuß mein Bein, 
daß ihn der andre leiten soll. mein helles Auge deines sein. 
2 Dir, spricht der Lahme, beizustehen? 4. Der Lahme hängt mit seinen Krücken 
ich armer Mann kann selbst nicht gehen. sich auf des Blinden breiten Rücken: 
Doch scheint's, daß du zu einer Last vereint wirkt also dieses Paar, 
noch sehr gesunde Schultern hast. was einzeln keinem möglich war. 
Gellert.) 
152. Vier Fabeln. 
Cin Schwalbe flog auf ein Schaf, ihm ein wenig Wolle für ihr Nest aus— 
zurupfen. Das Schaf sprang unwillig hin und wieder. „Wie bist du denn 
nur gegen mich so karg?“ sagte die Schwalbe. „Dem Hirten erlaubst du, daß er 
dich deiner Wolle über und über entblößen darf; und mir verweigerst du eine 
kleine Flocke. Woher kommt das?“ 
„Das kommt daher,“ antwortete das Schaf, „weil du mir meine Wolle 
nicht mit eben so guter Art zu nehmen weißt, als der Hirte.“ 
Der Rabe bemerkte, daß der Adler ganze dreißig Tage über seinen Eiern 
brütete. „Und daher kommt es ohne Zweifel,“ sprach er, „daß die Jungen des 
Adlers so scharfsichtig und stark werden. Gut! das will ich auch thun.“ 
Und seitdem brütet der Rabe wirklich ganze dreißig Tage über seinen Eiern; 
aber noch hat er nichts wie elende Raben ausgebrütet. 
Einst sprach der Pfau zu der Henne: „Sieh einmal, wie hochmüthig und 
stolz dein Hahn einhertritt! Und doch sagen die Menschen nicht: „Der stolze 
Hahn!“ sondern nur immer: „Der stolze Pfau!“ 
9
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.