fullscreen: [Band 7 = dritte Klasse, achtes Schuljahr, [Schülerband]] (Band 7 = dritte Klasse, achtes Schuljahr, [Schülerband])

einem Stern zierlicher und feinerer Menschen in die Bauernstube 
heruntergefallen. 
„Flennt nicht so, Vater,“ sagte das Leni. 
Der Lammwirt hockte auf einem Stuhl an der Wand, hielt die 
Hände vors Gesicht geschlagen und heulte wie ein Weib. 
Da schien eine seltsame Entschlossenheit in das seltsame Kind 
zu fahren; es schaute auf eine schwarze Uhr, die an der einen Wand 
dicht unter der Diele tickte. „Zeit zum Essen ist es jetzt,“ sagte es 
halb vor sich hin, halb zu den Mannsleuten gemeint. Dann begann 
es, einem Wandschranke Geschirr zu entnehmen und auf den Tisch 
zu stellen» vor jeden Buben einen Teller, einen zu Häupten für den 
Vater. Gleich einer Alten, die langgewohnte Arbeit tut und weiß, 
was sie will, ging es hin und wieder. Die Buben blickten auf, langten 
mechanisch zu und zogen sich das Eßwerkzeug selber näher; dem 
Bauern versiegten über dem Klappern des Geschirrs die Tränen; er 
schaute mit einem Gesicht, in dem das Elend stand, auf das, was 
vorging. Das Leni geht nach der Küche hinaus. Nach einer kurzen 
Weile kam sie mit einem Schafbein, Käse und Brot wieder zurück. 
Aus dem Wandschrank holte sie eine grüne Flasche und stellte sie 
auf den Tisch. „Kalt müßt ihr jetzt essen,“ sagte sie. 
Der Senn stand auf und machte sich an seinen Teller heran. 
Es war, als würde ein aus dem Geleise gefallener Wagen wieder ein¬ 
gerichtet, als er so an die liebe alltägliche Beschäftigung des Essens 
ging. Kauend und schnalzend saßen die drei dann an ihrer Mahlzeit. 
„Und du?“ fragte nach einer Weile der Joseph mit vollem Munde 
das Leni, das sich an dem Geschirrschrank zu schaffen machte. 
„Ich?“ fragte sie über die Schulter zurück, „ich kann nicht 
essen,“ und ruhig zählte sie an dem kleinen Stoß weißer Teller weiter, 
an dem sie die Hand liegen hatte. „Es sind kaum genug da, Vater,“ 
wandte sie sich dann an den Senn, der eben ein Glas voll Branntwein 
in einem Zuge hinunterschüttete. 
„Warum nicht?“ fragte er stumpfsinnig. 
„Weil — weil — auf zwanzig Menschen mußt schon rechnen 
morgen zum Totenmahl.“ 
Da dämmerte es erst wieder in des Lammwirts Gehirn, und die 
Erinnerung kam ihm zurück, was der Tod seines Weibes alles im 
Gefolge gehabt hatte. Daß sie tot war, war nicht erstaunlich. Sechs 
Jahre lang hatte ihr Mann sich darauf vorbereiten können; denn an 
der Schwindsucht war die Lammwirtin gestorben; zähe, wie sie ge¬ 
wesen war, hatte sie sich freilich noch bis zur letzten Stunde im 
Hause herumgeschleppt. Der Pfarrer hatte sie noch erreicht, ehe sie 
ausgelöscht war; schön in Ehren und Frieden war die Lammwirtin 
gestorben. Richtig, so dämmerte es dem Lammwirt auf, der Pfarrer
	        
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