einem Stern zierlicher und feinerer Menschen in die Bauernstube
heruntergefallen.
„Flennt nicht so, Vater,“ sagte das Leni.
Der Lammwirt hockte auf einem Stuhl an der Wand, hielt die
Hände vors Gesicht geschlagen und heulte wie ein Weib.
Da schien eine seltsame Entschlossenheit in das seltsame Kind
zu fahren; es schaute auf eine schwarze Uhr, die an der einen Wand
dicht unter der Diele tickte. „Zeit zum Essen ist es jetzt,“ sagte es
halb vor sich hin, halb zu den Mannsleuten gemeint. Dann begann
es, einem Wandschranke Geschirr zu entnehmen und auf den Tisch
zu stellen» vor jeden Buben einen Teller, einen zu Häupten für den
Vater. Gleich einer Alten, die langgewohnte Arbeit tut und weiß,
was sie will, ging es hin und wieder. Die Buben blickten auf, langten
mechanisch zu und zogen sich das Eßwerkzeug selber näher; dem
Bauern versiegten über dem Klappern des Geschirrs die Tränen; er
schaute mit einem Gesicht, in dem das Elend stand, auf das, was
vorging. Das Leni geht nach der Küche hinaus. Nach einer kurzen
Weile kam sie mit einem Schafbein, Käse und Brot wieder zurück.
Aus dem Wandschrank holte sie eine grüne Flasche und stellte sie
auf den Tisch. „Kalt müßt ihr jetzt essen,“ sagte sie.
Der Senn stand auf und machte sich an seinen Teller heran.
Es war, als würde ein aus dem Geleise gefallener Wagen wieder ein¬
gerichtet, als er so an die liebe alltägliche Beschäftigung des Essens
ging. Kauend und schnalzend saßen die drei dann an ihrer Mahlzeit.
„Und du?“ fragte nach einer Weile der Joseph mit vollem Munde
das Leni, das sich an dem Geschirrschrank zu schaffen machte.
„Ich?“ fragte sie über die Schulter zurück, „ich kann nicht
essen,“ und ruhig zählte sie an dem kleinen Stoß weißer Teller weiter,
an dem sie die Hand liegen hatte. „Es sind kaum genug da, Vater,“
wandte sie sich dann an den Senn, der eben ein Glas voll Branntwein
in einem Zuge hinunterschüttete.
„Warum nicht?“ fragte er stumpfsinnig.
„Weil — weil — auf zwanzig Menschen mußt schon rechnen
morgen zum Totenmahl.“
Da dämmerte es erst wieder in des Lammwirts Gehirn, und die
Erinnerung kam ihm zurück, was der Tod seines Weibes alles im
Gefolge gehabt hatte. Daß sie tot war, war nicht erstaunlich. Sechs
Jahre lang hatte ihr Mann sich darauf vorbereiten können; denn an
der Schwindsucht war die Lammwirtin gestorben; zähe, wie sie ge¬
wesen war, hatte sie sich freilich noch bis zur letzten Stunde im
Hause herumgeschleppt. Der Pfarrer hatte sie noch erreicht, ehe sie
ausgelöscht war; schön in Ehren und Frieden war die Lammwirtin
gestorben. Richtig, so dämmerte es dem Lammwirt auf, der Pfarrer