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Lato. (Latona).
Lykischen Bauern trieben sie zurük und gönnten ihr
nicht des Wassers Genuß. „Warum, sprach die Göt¬
tin, wollt ihr mir nicht einen Wassertrunk gönnen?
gemeinsam ja ist des Wassers Gebrauch, der Sonne
leuchtende und wärmende Kraft, und das Athmen der
Luft. Ein allen Menschen verliehenes Gut nehme ich
in Anspruch, dennoch bitte ich euch dringend, verweh¬
ret mir nicht den Genuß des Gemeingutes, seht meine
trokkenen Lippen, seht auf meine holden Kinder, wie
sie ihre kleinen Hände nach euch ausstrekken."
Ungerührt bleiben die Bauern bei dem Flehen der
Göttin, dem Wimmern der Kinder, sie lassen die
Schmachtenden nicht zu dem Wasser, stoßen Schmäh,
Worte und Drohungen aus, und sind boshaft genug,
mit Händen und Füßen den Grund des Wassers auf-
zuwühlen und es untrinkbar zu machen. Unwillen
über diese Bosheit überwiegt jezt bet der Göttin den
Durst, sie erniedriget sich nicht mehr durch Bitten,
ihre Hände hebt sie zu dem Olympos empor und ruft
aus: „Euch Unbarmherzigen möge das Loos werden,
in diesem Teiche zu leben." Kaum sind diese Worte
dem Munde der Göttin entflohen, so gehen sie auch
in Erfüllung, in Frösche werden die Schuldigen ver,
wandelt, ein unwiderstehlicher Trieb jagt sie in das
Blasser, von Zeit zu Zeit zeigen sie sich am Ufer, aber
nach kurzer Rast springen sie zurük in den Teich, aus
dessen Tiefe sie ein heiseres Gekreisch hören lassen, den
Wandrern ein Zeichen, daß sichere Strafe die Gefühl¬
losen treffe.
Nach-