Object: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit

Napoleons Einmischung in die Verhältnisse der iberischen Halbinsel. 405 
des Prinzen von Asturien (Ferdinand) die Nachfolge im Reiche zuer- 
leiten lassen wollte, wurde er durch einen Volksaufstand zum Rücktritt 
und Karl IV. zur Abdankung zu Gunsten seines Sohnes Ferdinand Vir. 
genötigt. Da im ganzen nördlichen Spanien französische Truppen 
standen, denen noch Godoy den Durchzug nach Portugal zugestanden, 
bat Ferdinand in demütiger Form Napoleon um Anerkennung seiner 
Thronbesteigung; gleichzeitig wandten sich aber auch der gestürzte Karl 
und Godoy an den mächtigen Kaiser. Dieser berief beide Parteien nach 
Bayonne, wußte zunächst den schwachen Karl durch Godoy zu über- 
reden, seine Thronentsagung zurückzunehmen, aber nur um seinen eigenen 
Sohn zu enterben und seine Krone Napoleon zur Verfügung zu stellen, 
worauf der letztere durch Drohungen auch den kraftlosen Ferdinand zur 
Verzichtleistung auf seine Rechte brachte 1808. Die spanische Krone 
wendete Napoleon seinem Bruder Joseph zu, wofür dieser sein bisheriges 
Königreich Neapel an Napoleons Schwager Joachim Murat abtrat. 
Aber die Gewaltthat von Bayonne hatte einen allgemeinen Auf- Spaniens 
stand des spanischen Volkes gegen die ftanzösische Fremdherrschaft zur Erhebung 
Folge, wodurch Joseph noch in demselben Jahr, in dem sein spanisches 1808~1814- 
Königtum begonnen, zur Flucht aus Madrid genötigt wurde. Nun be- 
festigte Napoleon auf der glänzenden Fürstenversammlung zu Erfurt Kongreß zu 
1808, wo ihn 4 Könige und 34 Fürsten und Prinzen durch ihre An- Erfurt 1808. 
Wesenheit verherrlichten, sein Freundschaftsbündnis mit dem Zaren2) und 
brach, so im Rücken gedeckt, mit einem großen Heer nach Spanien auf, 
drang bis Madrid vor und führte (Ende 1808) seinen Bruder halb wider 
dessen Willen dahin zurück. Aber der Krieg auf der iberischen Halbinsel war 
damit nicht zu Ende. Die Engländer, welche Portugal schon von den 
Franzosen befreit hatten, drangen von dort auch nach Spanien vor und 
ermunterten und unterstützten das spanische Volk, das es vermied, den 
Franzosen in großen Schlachten entgegenzutreten, sie aber durch den 
kleinen Krieg (Guerilla) fortwährend und an allen Enden überfiel, in 
einzelnen Trupps abschnitt, vernichtete oder gefangen nahm und nie 
zur Ruhe kommen ließ. Die Leitung der Insurrektion übernahm eine 
Nationalregierung, die Zentral-Junta (^Vereinigung), welche ihren Sitz 
anfangs zu Sevilla, später zu Cadiz hatte und im Jahre 1812 Spanien 
eine neue Verfassung nach den Grundsätzen der französischen von 1789 
gab. Dieser Krieg mit Spanien 1808—1814 wurde, wie Napoleon 
später selbst auf St. Helena gestand, sein Verderben. Denn der in 
Tausende von bewaffneten Banden gelöste und darum nie ganz zu tref- 
sende Feind war nicht zu vernichten und vernichtete seinerseits eine Menge 
napoleonischer Truppen. Zugleich gab die spanische Nation in ihrer 
heldenmütigen Ausdauer dem übrigen geknechteten Europa ein erhebendes 
Beispiel3) und zeigte die Kraft eines echten Volkskrieges von neuem. 
I) Titel des span. Kronprinzen, da das Königreich aus Asturien hervoraeqanqen 
^Charakteristisch für die Gemütsart Napoleons ist. daß er sich's nicht versagen 
konnte, dem Zaren, den er sich doch als Freund erhalten wollte, damals kleine De- 
mtriS5nÄ zuzufügen. So wählte er zu einer Revue, die er mit Alexander abhielt 
absichtlich Regimenter, die 1807 gegen Rußland mitgefochten hatten und fragte vor 
t m°rnt m^rmaI* dekorierte Soldaten, wo sie sich ihre Auszeichnung verdient, wo- 
rauf Alexander immer die Worte: „Bei Eilau — bei Friedland" hören mußte 
_ 3) Besonders berühmt wurde die Verteidigung von Saragossa 1808—9, die der 
Englander Palasox leitete, und dabei „das Mädchen von Saragossa", die schöne
	        
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