Full text: [Teil 1 = Unterstufe, [Schülerband]] (Teil 1 = Unterstufe, [Schülerband])

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2. Kindlein, o sprich, gibt mir Speis' und Drank, 
varum liebst du dein Mütter- gibt mir Kleider und Schuh' 
lein doch so inniglich? und viele Küsse dazu 
Und das RKindlein spricht: und ist mir so gut, 
„Das weibt du nicht? wie's kein andrer but. 
Weil's mich hegt und pflegt, Drum lieb' ich's so sehr, 
auf den Armen mich trägt, kann gar nicht sagen, wie 
wacht, wenn ich bin krank, sehr, wie sehr! 
Reiniek. 
40. Das Kind am Falkenstein. 
Eine arme Frau stieg einst am Falkenstein, einem Berge in 
Thüringen, hinauf, um Waldgras und kräftige Kräuter einzusammeln, 
die nur an solchen selten betretenen Stellen wachsen. Sie hatte ihr 
ganz kleines Kind bei sich und setzte dieses, da es ihr bei der Arbeit 
hinderlich war, an eine sichere Stelle. Dort hieß sie es ruhig bleiben 
uͤnd mit den Steinchen spielen, die umherlagen; sie selbst ging hierauf 
ihrer Arbeit nach. Das Kind spielte eine Weile, dann wurde ihm die 
geit lang, und es rutschte immer weiter und weiter vor bis an den 
jähen Felsenabhang. Auf einmal war es der Mutter, als höre sie 
einen Schrei. Es fiel ihr zentnerschwer aufs Herz. Rasch ließ sie 
Korb und Sichel und eilte nach der Stelle, wo sie ihr Kind gelassen 
hatte. Da war es nicht mehr dort und war den steilen Fels hinunter— 
gefallen. Außer sich vor Angst und Schrecken eilte nun die arme 
Frau auf einem großen Umwege in die Taltiefe, wo sie ihr Kind blutig 
und zerschmettert zu finden gewiß war. Als sie aber hinunterkam an 
den Fuß des mehr als turmhohen Falkensteins, saß ihr Kindlein ruhig 
dort auf dem weichen Moose und spielte mit drei roten Nelken, wie sie 
oben auf dem Felsengipfel blühen. Die Engel hatten des Kindleins 
Fall sicher durch die Luft auf die sanfte Moosdecke geleitet und es vor 
allem Schaden behütet. Die Mutter nahm es herzensfroh in ihre 
Arme und dankte dem lieben Gott für die wunderbare Rettung. 
Bechstein. 
41. Das Trãnenkrũglein. 
Es waren einmal eine Mutter und ein Kind; und die Mutter 
hatte das Kind, ihr einziges, liob von ganzem Herzen und konnte 
ohne das Kind nieht leben und nieht sein. Aber da sandte der 
Herr eine grobe Krankheit, dié wütete unter den Kindern und
	        
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