Schlückchen; in das letzte Becherchen aber ließ es das Ring⸗
lein fallen, das es mitgenommen hatte.
4. Wie die Raben erlöst werden.
Auf einmal hörte es in der Luft ein Geschwirr und
ein Gewehe; da sprach das Zwerglein: „Jetzt kommen die
Herren Raben heimgeflogen.“ Da kamen sie, wollten essen
und trinken und suchten ihre Tellerchen und Becherchen.
Da sprach einer nach dem andern: „Wer hat von meinem
Tellerchen gegessen? Wer hat aus meinem Becherchen ge—
trunken? Das ist eines Menschen Mund gewesen.“ Und
wie der siebente auf den Grund des Bechers kam, rollte
ihm das Ringlein entgegen. Da sah er es an und erkannte,
daß es ein Ring von Vater und Mutter war, und sprach:
„Gott gebe, unser Schwesterlein wäre da, so wären wir
erlöst!“ Wie das Mädchen, das hinter der Tür stand und
lauschte, den Wunsch hörte, so trat es hervor, und da be—
kamen alle die Raben ihre menschliche Gestalt wieder. Und
sie herzten und küßten einander und zogen fröhlich heim.
Einaang leise geändert.) Bruder Grimm.
43. Die gute Schwester.
Bei der Stadt Elberfeld hat sioh im Jahre 1834 folgende
Begebenheit zugetragen: An einem Bache, der zur Wupper
fliebt, wohnte ein Fischer; der hatte drei Rinder: Marie, sieben
Jahre alt, Hänschen und Liese. Die waren über den Steg ge⸗
gangen, um auf der Wiese zu spielen. Als der Abend kam,
dachte Marie an den Heimwege Sie sagte: „Komm, Liese! ich
trage dich über den Steg. Hänschen, du bleibst hier, bis ich
dich hole; abder geh mir ja nicht ans Wasser!“ So trug sie die
Kleinste hinüber und zetzte sie in das Gras. Aber wie ersohrak
sie, als sie sich umwandte! Der kleine Hans, der vor kurzem
erst laufen gelernt hatte, stand mitten auf dem Stege.
Sie lãuft, ihn zu halten, aber ehe sie ihn erreieht, wanken
die kleinen Fübe, und der Knabe stürzt ins Wasser, das ihn mit
sich fortreißt. Ohne Besinnen zpringt die mutige Schwester ihm
nach. Aber was kann das Kind dem Kinde helfen? Der reißende
Schlesw.⸗Holst. Jugendfreund. J.
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