Full text: [Erster Theil, [Schülerband]] (Erster Theil, [Schülerband])

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sich unter die Schar. Das Huhn, das zufällig von der ganzen 
Sache nichts gehört hatte, verwunderte sich über die große Ver— 
fammlung. „Wat, wat, wat is denn dar to don?“ gackerte es; aber 
der Hahn beruhigie seine liebe Henne und sagte: Luter riek Lüd 
erzählte ihr auch, was sie vorhätten. Es ward aber beschlossen, daß 
dex König sein sollte, der am höchsten fliegen könnte. Ein Laub— 
frosch, der im Gebüsche saß, rief, als er das hörte, warnend: „Nat, 
nat, nat, nat, nat, nat!“ weil er meinte, es würden deshalb viel 
Thlänen vergossen werden. Die Krähe aber sagte: „Quark of la 
es sollte alles friedlich abgehen. 
Es ward nun beschlossen, sie wollten gleich an diesem schönen 
Morgen aufsteigen, damit niemand hinterher sagen könnte „Ich 
ware wohl noch höher geflogen, aber der Abend kam, da konnte ich 
nicht mehr.“ Auf ein gegebenes Zeichen erhob sich also die ganze 
Shhar in die Lüfte. Der Staub stieg da von dem Felde auf, es 
Dat ein gewaltiges Sausen und Brausen und Fittichschlagen, und 
es sah aus, als wenn eine schwarze Wolke dahin zöge. Die kleinern 
Voͤgel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter und fielen 
wieder auf die Erde. Die größern hielten's länger aus; aber keiner 
fonnte es dem Adler gleich thun, der stieg so hoch, daß er der 
Sonne hätte die Augen aushacken können. Und als er sah, daß 
die andern nicht zu ihm herauf konnten, so dachte er; „Was 
willst du noch höher fliegen, du bist doch der König,“ und fing an, 
sich wieder herabzulassen Die Vögel unter ihm riefen ihm alle 
gleich zu: „Du mußt unser König sein; keiner ist höher geflogen 
3ls du „Ausgenommen ich!“ schrie der kleine Kerl ohne Namen, 
der sich in die Brustfedern des Adlers verkrochen hatte. Und da 
nicht müde war, so stieg er auf und stieg hoch über den Adler 
hinweg. Als er aber so weit gekommen war, legte er seine Flügel 
zusammen, sank herab und rief unten mit seiner durchdringenden 
Slimme: „Konig bün ick! König bün ick!“ — „Du unser König?“ 
schrieen die Vögel zornig, „durch Ränke und Listen hast du es da⸗ 
hin gebracht!“ Sie machten eine andere Bedingung, der sollte ihr 
Komg sein, der am tiefsten in die Erde fallen könnte. Wie klatschte 
da die Gans mit ihrer breiten Brust nieder auf das Land! Wie 
schartte der Hahn schnell ein Loch! Die Ente kam am schlimmsten 
weg, sie sprang in einen Graben, verrenkte sich aber die Beine und 
walschelte fort zum nahen Teiche mit dem Ausruf: „Pracherwerk! 
Pracherwerk!“ Der Kleine ohne Namen aber suchte ein Mauseloch, 
schlupfte hinab und rief mit seiner feinen Stimme heraus: Fönig 
hun il Konig bun ick!“ — „Du unser König?“ riefen die Vögel 
noch zorniger, „meinst du, deine Listen sollten gelten?“ Sie be— 
schlossen, ihn in seinem Loch gefangen zu halten und auszuhungern. 
Die Eule ward als Wache davor gestellt: sie sollte den Schelm nicht 
herauslassen, so lieb ihr das Leben wäre. Als es aber Abend ge— 
worden war, und die Vögel von der Anstrengung beim Fliegen große 
Muͤdigkeit einpfanden, so gingen sie mit Weib und Kind zu Bette 
Die Eule allein blieb bei dem Mauseloch stehen und blickte mit
	        
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