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machen und das Seinige thun“ Und vor allem war ihr ein
Spruchlein aus der Predigt zu Herzen gegangen „Durch Stillsein
und Hoffen werdet ihr stark sein!“ — „Gott,“ sagte sie, hat meine
Thränen gesehen, er wird sie stillen, wenn es gut ist.“
Aber es hatte auch noch ein wohlhabender Mann in der Gemeinde
die Witwe bemerkt in ihrem Kummer. Und auch diesem war die
Predigt von der Liebe Gottes zu Herzen gegangen, und er dachte,
als er die Wittwe sah: „Sie hat ein heimliches Leiden; drum kann
sie nur mit Thränen der Liebe Gottes gedenken und nicht so fröhlich
nach dem Hause des Herrn gehn wie du.“ Deshalb frägte er unter
der Hand nach der Witwe. Als nun am Abend die Witwe i
ihren Kindlein bei dem Lämpchen saß, und sie sich unter einander
trösteten und vorsetzten, fleißig zu arbeiten, sagte die Mutter „So
wollen wir erst ein Geislamm aufziehen, vielleicht kommen wir auch
einmal wieder zu einer Milchkuh.“ Als sie diese Worte geredel
hatte, vernahmen sie an der Thür ein Gebrüll wie das einer Kuh.
Da wurde es ihnen wehmüthig, denn sie gedachten der Kuh, die
ihnen gestorben war. Als es nun aber leise an die Thün klopfte,
da erschraken sie, und nachdem sie die Thür geöffnet, trat ein Mann
hinzu und sagte: „Sehet, ein guter Freund sendet euch diese Kuh
und die Säcke nebst seinem freundlichen Gruß.“ Da erstaunten sie
noch mehr, und ehe sie fragen und danken konnten, waren die
Männer schon von dannen gegangen. Die Kuh aber stand an
einen Baum gebunden und war schwarz und weiß gefleckt und viel
schöner als die gestorbene. Da führten die Kinder fie jauchzend in
den Stall und trugen mit Mühe das Korn in die Hütte; die
Mutter aber weinte heimlich. Des andern Tags kam der Geber,
ein Meier, selbst zu der Witwe und sagte: „Ihr habet gestern in
der Kirche Gott eure Thränen dargebracht, dafuͤr hat er euch
getröstet. Ich war ihm schon lange ein Opfer meines Dankes
schuldig, denn er hat mich reichlich gesegnet. So seid so gut und
nehmet es ohne Dank als eine Schuld, die ich gern abtrage. Ich
danke Gott, daß er in der Kirche mein Herz erweckt hat, euch
helfen.“ — So sprach der Meier, und nun schieden sie fröhlich von
einander. Arummacher
322. Christus, ein Helfer.
Es zog ein guter Mann durch's Land, war allen Leuten gar wohl
bekannt. Durch welche Stadt er ging, da kamen die Armen all', wer
krank und wund, und all' die Blinden, all die Lahmen, und riefen
„Herr, mach uns gesund!“ Und er mit freundlichem Erbarmen blieb
gleich auf seinem Wege stehn und sprach so liebreich zu den Armen:
Was ihr begehrt, soll euch geschehn.“ Da konnten gleich die Blinden
sehen, vorüber war der Kranken Leid, die Schwachen und die Lahmen
gehen so froh von dannen nah und weit. Und alle danken laut und
loben den Mann, der solche Hülf erweisst, der zu uns kam vom Himmel
droben, und daß er Jesus Christus heißt. Drum ist umher im ganzen
Land sein Name längst auch wohl bekannt.
Hen,