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Der dritte:
„Und als ich den Hirsch an der Erde sah,
da stieß ich lustig ins Horn, traral“
So lagen sie da und sprachen die drei,
da rannte der weiße Hirsch vorbei.
Und eh' die drei Jäger ihn recht gesehn,
so war er davon über Tiefen und Höhn.
husch huschl piff paffl narai
Gedichte u. Dramen. II. Bd. 5. 1a. Cudwig Uhland.
211. Der Adler und der Rabe.
Ein Adler hatte aus einer Herde ein Schaf geholt und schwang
sich damit hoch in die Luft, seinem Horste zu. Das sah ein Rabe
und dachte bei sich: „So ein Schäflein kannst du dir auch holen.“
Wirklich ließ er sich auf den Rücken eines Schafes nieder. Aber
wie sehr er sich auch abmühte, seine Krallen durch die Wolle in die
Haut desselben einzuschlagen und damit emporzufliegen, es fehlte ihm
an Kraft dazu. Nur verwickeln konnte er sich in der Wolle, so daß
er sich auch nicht los machen konnte, als der Hirte herbei kam. Dieser
fing nun den Raben, beschnitt ihm die Flügel und brachte ihn seinen
Kindern zu Kurzweil und Spiel.
Äsops Fabelschatz. S. 107. Q. Wild.
212. Der unzufriedene Psel.
In einem harten Winter wünschte sich ein Esel sehnlich, bald
sein Bündel Stroh und sein kaltes Nachtlager mit wärmerem Metter
und mit einem Mund voll frischen Grases zu vertauschen. — Das
wãrmere Wetter und das frische Gras Kamen; aber mit ihnen zu-
gleich stellte sich so mannigfache Arbeit ein, dab der Esel bald
des Frühlings so überdrüssig als des Winters ward und sich desto
mehr nach dem Sommer sebnte.
Auch dieser erschien, aber mit ihm zugleich die Ernte. Wie
oft mußte jetzt der Esel Korn und Peldfrüchte bald nach Hause
und bald in die Mühble tragen! Wie ängstlieh seufzte er über den
Sommer, und wie inständigst wünschte er sich den Herbst!
Der Herbst brach an; Apfel, Trauben und andere Prüchte
wurden reif; Holz und Wintervorrat mußten eingesammelt werden.
Nie glaubte der armeé Langohr noch so übel daran gewesen zu
sein, und aufs kläglichste flebte er den Winter an, doch ja herbei-
zueilen, weil er dann Ruhbe zu finden hoffe.
Vabeln. 8. 299. A. G. NMeibner.
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