Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

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214. Der Fuchs und der Storch. 
Der Fuchs lud einst den Storch mit freundlichen Worten zu einer 
Mittagsmahlzeit ein. Mit Freuden nahm dieser die Einladung an. 
Als aber aufgetragen wurde, merkte er bald die Schalkheit des Fuchses. 
Denn dieser ließ in flachen Gefäßen lauter dünne Suppen und Brühe 
aufstellen. Mit seinem langen Schnabel konnte der Storch nur wenig 
auffassen und kaum seinen Hunger stillen, während der Fuchs es sich 
gut schmecken ließ. 
Der Storch ließ es sich nicht merken, daß ihn der Streich, den 
ihm der Fuchs gespielt hatte, verdrieße. Nach einiger Zeit lud er den 
Fuchs auch ein, und dieser sagte zu; denn er dachte bei sich: „Er kann 
mich nicht so zum besten haben, wie ich ihn.“ 
Allein der Storch trug gehacktes Fleisch auf in Gefäßen mit sehr 
langem und engem Hals. Daraus konnte der Fuchs gar nichts langen, 
wie sehr es ihn auch hungerte. 
Äsops u. a. w. Meister Fabelschaß. S. 51. K. Wild. 
215. Des Winters und des Frühlings Streit. 
Als der liebe Gott die vier Jahreszeiten gemacht hatte, sagte er 
zu ihnen: „Gehet hinunter auf die Erde, einer nach dem andern,; erst 
du Frühling, dann Sommer, dann Herbst und dann Winter.“ 
So geschah es auch. Sie teilten die zwölf Monate des Jahres 
unter sich und ein jeder bekam drei. Nun ging der Frühling drei 
Monate aͤuf die Erde, dann drei Monate der Sommer und seine drei 
Monate der Herbst. Als aber der Winter zum erstenmal an die 
Reihe kam, da ärgerte er sich, daß er der letzte sein sollte, und sprach: 
„Soll ich der letzte sein, so muß ich doch wenigstens länger auf der 
Erde bleiben als die andern!“ 
Als nun seine drei Monate vorbei waren, da kam der Frühling 
und sagte: „Nun bin ich wieder an der Reihe.“ Aber der Winter 
sagte: „Komm in einem Monat wieder!“ Und als der Frühling nicht 
wollte, so trieb er ihm einen so heftigen Schneesturm ins Gesicht, daß 
der Frühling sich eilends davon machtle. Der Winter aber lachte und 
dachte: „Den will ich schon los werden.“ 
Als nun der Frühling nach einem Monat wieder kam, sprach 
der Winter abermals: „Komm in einem Monat wieder!“ Der Früh— 
ling aber wollte nicht. Da ließ er ihm große Flocken ins Gesicht 
schneien und einen kaälten, scharfen Wind an die Backen wehen. 
Da konnte es der Frühling nicht länger aushalten; er ging fort 
und klagte dem lieben Gott seine Not. 
Der liebe Gott rief den Winter herzu und sprach: „Was tust 
du noch auf der Erde, da deine drei Monate lange vorüber sind?“ 
Der Winter wußte nicht, wie er sich entschuldigen sollte, und 
brummte in seinen weißen Bart: „Die Leute lassen mich nicht fort, 
weil sie noch mehr Schlitten fahren wollen.“
	        
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