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Bauer, der andächtig zugehört hatte, meinte jedoch, das Aufführen
einer Mauer sei gar zu viel von dem lieben Gott verlangt.
Indes ging die Nacht vorüber, ohne daß ein feindlicher Soldat in
das Haus kam. Alle im Hause wunderten sich darüber. Als sie sich aber
am andern Morgen vor die Tür wagten, siehe, da war gegen jene Seite
hin, wo die Feinde standen, der Schnee von dem Winde hoch wie eine
Mauer aufgetürmt, so daß man gar nicht hindurch kommen konnte.
Alle lobten und priesen Gott. Die Großmutter aber sagte: „Seht,
so hat Gott doch eine Mauer ausgeführt, die Feinde von unserer Woh—
nung abzuhalten. Ich bleibe dabei:
Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut, der hat auf keinen Sand
gebaut.“ Ch. v. Schmid.
153. Die edeldenkende Jüdin.
Eine Jüdin ernährte sich damit, daß sie Geld auf Pfänder auslieh.
Einst brachte ihr eine arme Frau ein Gebetbuch. Die Jüdin besah es
und fragte die Uberbringerin, warum sie gerade ein Gebetbuch versetzen
wolle. „Es ist mein einziger Reichtum“, sagte die Arme, „und meine
Linder haben seit gestern kein Brot.“ „Wieviel willst du haben ?“
fragte die Jüdin. „Wenn ich vier Mark bekommen könnte, so würde
ich damit wohl bis zur Rückkehr meines Mannes auskommen. Er ist
mit Leinwand nach einer entfernten Stadt gereist und wird doch einigen
Gewinn davon nach Hhaus mitbringen.“ Darauf bemerkte die Jüdin;
„Da sind vier Mark und zugleich dein Pfand. Ich würde mich ver—
sündigen, wenn ich dich verhinderte, zu deinem Gott zu beten. Bist du
ehrlich, so wirst du mich ohne Pfand bezahlen.“ K. Rellner.
154. Der höfliche Knabe.
In einem Dorfe bei der Stadt Ankona in Italien lebten ein
paar arme Bauersleute, welche einen Sohn, namens Felix, hatten.
Dieser Knabe hatte zwar guten Verstand, weil er aber sehr arm war,
mußte er die Schweine hüten.
Felix wurde von seinen Eltern immer angehalten, gegen jedermann
zuvorkommend, gefällig und freundlich zu sein. Die andern Knaben
im Dorfe verachteten aber den Schweinehirten und waren grob.
Als Felix eines Tages seine Herde hütete, kam des Weges ein
Barfüßermönch, der durch den Wald einen Führer begehrte. Weil aber
schlechtes Wetter war, so sagten die anderen Knaben in ihrer gewöhn—