149. Was Gott thut, das ist wohlgethan.
Im Morgenlande kam ein frommer Mann des Abends
vor eine Stadt, deren Thore bereits verschlossen waren.
Niemand wollte sie ihm öffnen; hungrig und durstig mußte
er unter freiem Himmel übernachten. Er sprach; „Was
Gott schickt, das ist gut,« und legte sich nieder. Neben
ihm stand ein Esel und zu seiner Seite eine brennende
Laterne um der Unsicherheit willen in derselben Gegend.
Ein Sturm kam und löschte das Lcht aus. „Was Gott
schickt,“ sprach er, „das ist gut,“ und schlief ein im Finstern.
Da schlich ein Löwe daher und zerriß den Esel; den schla—
fenden Mann aber sah er nicht wegen der Dunkelheit.
„Ich wußte es,« sagte dieser, als er aufwachte, „was Gott
schickt, das ist gutl- und ging auf das Stadtthor zu. Es
war nun offen; als er aber hineinkam, war die ganze
Stadt leer; Räuber waren in der Nacht hineingefallen,
hatten die Einwohner weggeführt oder getöbtet; er wan
allein glücklich der Gefahr enttonnen. „Nun wahrlich!⸗
sprach er, „es ist alles, alles gut, was Gott schickt, und
wo wir etwas davon am Abend nicht begreifen, dürfen
wir nur geduldig den Morgen abwartken, der wird alles
hell machen!“ — Welcher Morgen, mein Kind?
Wunderlich führt Gott in die Welt, durch die Welt
und aus der Welt.
Mein Vater, führ mich immerdar
Nur selig, wenn auch wunderbar. —
150. Den Demüthigen gibt Gott Gnade.
Bu Antwerpen in den Niederlanden lebte einmal ein
reicher Kaufmann, der machte ein großes Festmahl, als
seine Tochter Hochzeit hatte. Auf dem Tische und in den
Schränken umher standen da viele goldene und silberne und
kristallene Geräthe. Aber von allen diesen Gefäßen nahm
der Kaufmann keins, als seiner Tochter Gesundheit getrun—
ken wurde; sondern er nahm einen hoͤlzernen Becher mit
einem Kettlein von Messingdraht. Und als ihn einer um
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