Full text: Handbuch der brandenburgisch-preußischen Geschichte (Bd. 2)

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einigen Pariser Forts aus, welche sie noch besetzt hielten, diesem Bürgerkriege 
zugesehen, ohne sich darein zu mischen. Die Verheerungen, welche durch denselben tit 
Paris angerichtet wurden, waren viel größer, als die von den Deutschen in ehr¬ 
lichem Kampfe daselbst verursachten Zerstörungen. Es mußte für die Franzosen 
doppelt schmerzlich sein, daß die von ihnen so oft als „Barbaren" geschmähten 
Deutschen die prachtvollen Bauwerke geschont hatten, welche ihre eigenen Lands¬ 
leute nun in Asche legten. 
Die Greuel in diesem Bürgerkriege schildert ein Augenzeuge in einer 
schweizerischen Zeitung folgendermaßen: „Diese Tage in Paris gehören zu den 
furchtbarsten in der Geschichte. Mord und Brand und Brand und Mord an 
allen Ecken und Enden, und es will kein Ende nehmen. Man eilt, wie von 
bösen Geistern getrieben, als wäre man Teilnehmer an diesen himmelschreienden 
Thaten, durch die rauchenden Straßen, über die qualmenden Plätze, durch die 
von Brand und Blut stinkenden Räume! Hier schlagen die Flammen empor 
aus schwarzem, schwerem sich hoch aufwalzendem Rauche; dort stürzen Mauern 
ein von Palästen, Häusern und Hütten; dort schmettert ein neues, Brand und 
Tod bringendes Geschoß hernieder; dort krachen Schüsse und ein Mensch, meines¬ 
gleichen, stürzt mit zerschmettertem Kopfe, erschossen wie ein toller Hund, am 
Flussesufer nieder, und da bringt man Weiber herbei, die Zündstoffe unter ihren 
Gewändern tragen, und erschießt sie wie ihre männlichen Genossen! Hat die 
Welt jemals solches Schauspiel, solchen Jammer, so ungeheuere Greuel gesehen?" 
5. Die wichtigsten Bestimmungen des Friedens zu Frankfurt lauten: 
Art. 1. Die Entfernung von Belfort bis zu der Grenzlinie, wie sie zuerst 
zur Zeit der Verhandlungen von Versailles vorgeschlagen war und sich auf der 
dem ratifizierten Präliminarvertrage vom 26. Februar*) beigefügten Karte ver¬ 
zeichnet findet, wird als Maßstab für die Ausdehnung des Gebietsstreifens be¬ 
trachtet, welcher kraft der darauf bezüglichen Klausel des ersten Präliminar- 
artikels nebst der Stadt und Festung Belfort bei Frankreich verbleiben soll. .. . 
Art. 2. Die früher französischen Einwohner der abgetretenen Gebiete**), 
welche wirklich in demselben ansässig sind und die französische Nationalität be¬ 
wahren wollen, sollen bis zum 1. Oktober 1872 nach einer vorgängigen, der 
zuständigen Behörde zu machenden Erklärung die Freiheit haben, ihren Wohnsitz 
nach Frankreich zu verlegen und sich dort anzusiedeln, ohne daß dieses Recht 
beeinträchtigt werde durch die Gesetze über den Militärdienst, dem gegenüber 
ihnen die Eigenschaft als französische Bürger erhalten wird. Sie sollen die 
Freiheit haben, ihren in den mit Deutschland vereinigten Gebieten Betegenen 
unbeweglichen Besitz zu Behalten. 
Kein Einwohner der aBgetretenen GeBiete darf persönlich oder an seinem 
Gute verfolgt, Beunruhigt oder zur Rechenschaft gezogen werden wegen politischer 
oder militärischer, während des Krieges Begangener Handlungen. 
*) Am 1. März ratifiziert von der 'Nationalversammlung in Bordeaux 
mit 546 gegen 107 Stimmen. 
**) DieselBen umfaßten 14500 qkm mit 1580 000 Einwohnern (darunter 
500000 Franzosen). Die Vereinigung dieses Reichslandes Elsaß-Lothringen mit 
dem deutschen Reiche erfolgte durch Reichsgesetz vom 9. Juni 1871.
	        
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