Full text: [Teil 2 = 2. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 2 = 2. Schuljahr, [Schülerband])

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J. Alerlei Geschichten. 
um die Dornbecken abezuhauen. Er setzte sich wieder auf den 
Hügel hin und sagte zu dem RKinde: „Hörst du auch, wie schön die 
muntern Vögel singen? Gefällt dir nicht der liebliche Gesang, und 
sind die Vögel nicht aueh liebe Tierchen?“ „O ja, “ antwortete das 
Kind, „die Vögel sind mir ja die liebsten unter allen Tieren.“ Da 
flog soeben ein Vogel in die Dornhecke; er sammelte Wolle und 
trug sie in seinem Schnabel einem hohlen Baume zu. „Sieh,“ 
sagte der Vater, mit dieser Wolle bereitet der Vogel seinen Jungen 
im Nest ein weiches Bett. Wie gut wird diese Wolle den armen, 
nackten Vögelehen bekommen! Die Schafe Lönnen das bibehen 
Wolle wohl entbehren. Wie? sSoll ieh jetzt noch die Dornheche 
weghauen?“ — „Nein, nein!“ antwortete das Kind, das nun anders 
dachte. „Tadle also nicht,“ sprach darauf der Vater, „wenn du 
etwas nicht verstehst, sondern denke nur: Gott hat alles wohbl 
gemacht und weislich angeordnet, wenn wir glelceh vieles 
nieht begreifen können!“« 
MWolf Mesterweg. 
174. Strohhalm, Kohle und Bohne. 
L. In einem Dorfe wohnte eine arme alte Frau, die hatte ein 
Gericht Bohnen zusammengebracht und wollte sie kochen. Sie machte 
also auf ihrem Herd ein Feuer zurecht, und damit es desto schneller 
brennen sollte, zündete sie es mit einer Handvoll Stroh an. Als sie 
die Bohnen in den Topf schüttete, entfiel ihr unbemerkt eine, die auf 
dem Boden neben einem Strohhalm zu liegen kam; bald danach sprang 
auch eine glühende Kohle vom Herde zu den beiden herab. Da fing 
der Strohhalm an und sprach: „Liebe Freunde, von wannen komm 
ihr her?“ Die Rohle antwortete: „Ich bin zu gutem Glücke dem 
Feuer entsprungen, und hätt ich das nicht mit Gewalt durchgesetzt, so 
war mir der Tod gewiß; ich wäre zu Asche verbrannt.“ Die Bohne 
sagte: „Ich bin auch noch mit heiler Haut davongekommen; aber 
hätte mich die Alte in den Topf gebracht, ich wäre ohne Barmherzig⸗ 
keit zu Brei gekocht worden wie meine Rameraden.“ „Wäre mir denn 
ein besser Schicksal zu teil geworden ?“ sprach das Stroh; „alle meine 
Brüder hat die Alte in Feuer und Rauch aufgehn lassen; sechzig hat 
sie auf einmal gepackt und ums Leben gebracht. Glücklicherwesse bin 
ich ihr zwischen den Fingern durchgeschlüpft.“ Was sollen wir aber 
nun anfangen?“ sprach die Rohle. „Ich meine.“ antwortete die Bohne, 
„weil wir so glücklich dem Tode entronnen sind, so wollen wir uns 
als gute Gesellen zusammenhalten und, damit uns hier nicht wieder
	        
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