14 1. Periode: Zeitalter der Reformation.
Mit Hülfe der Orfini Vertrieb er die Colonna aus ihren Besitzungen,
verfuhr dann aber ebenfo gegen biefe feine Helfershelfer. Mit keinem
Verwandten, noch Günstlinge wollte Cefar die Macht teilen. Seinen
Bruder ließ er ermorden und nachts in die Tiber werfen; auf der
Treppe des Palastes ließ er feinen Schwager anfallen. Den Verwundeten
pflegten die Frau und bie Schwester desselben; die Schwester kochte
ihm feine Speisen, um ihn vor Gift sicher zu stellen; ber Papst ließ
sein Haus bewachen, um ben Schwiegersohn vor bem Sohne zu schützen,
Vorkehrungen, deren Cesar spottete. Als der Prinz schon wieder in der
Besserung war, drang er in das Zimmer desselben ein, trieb Frau
und Schwester hinaus, rief feinen Henker und ließ den Unglücklichen
ermorden. Durch feinen Vater wollte er mächtig werden, sonst nahm
er auf denselben keine Rücksicht. Er tötete den Liebling Alexanders,
indem dieser sich an den Papst anschmiegte, unter dem pontificalen
Mantel; das Blut sprang dem Papste ins Gesicht. Es gab nur eine
Stelle, wo so etwas möglich war: in Rom, wo der Papst zugleich
die Fülle der weltlichen Macht und des geistlichen Gerichts hatte.
Alexander starb an dem Gifte, durch das er einen der reichsten
Kardinäle hatte aus der Welt schaffen wollen. Der ihm folgende
kriegerische Papst Julius II. überließ sich der Leidenschaft, Krieg
zu führen, und ließ es seinen ganzen Ehrgeiz sein, ben Staat
ber Kirche zu erweitern, dessen eigentlicher Gründer er ist. Mit
stählernem Mute noch im hohen Alter, frei von Furcht und Bedenk¬
lichkeiten, gründete er nach Beseitigung Cesar Borgias eine Macht,
wie sie nie ein Papst besessen. „Sonst war kein römischer Baron klein
genug, um die päpstliche Macht nicht zu verachten, jetzt hatte ein König
von Frankreich Respekt vor ihr."!! (Nach Ranke.)
Aus Julius II. folgte Leo X. aus dem mächtigen und Pracht-
liebenden Geschlechts ber M e d t c e e r. Er war ein begeisterter Anhänger
und Förderer der humanistischen Bestrebungen in Kunst
und Wissenschast, welche in Italien aus dem neuerwachten Studium
der Antike hervorblühten; er führte mit den „ Poeten" dieser neuen
Richtung ein glänzend srohes Leben, aber ohne edlen Ernst
und mit srivoleu Scherzen. In seiner Gegenwart — so schildert
ihn & Ranke — hat man die ersten Tragödien und Komödien in
italienischer Sprache ausgeführt; ihm erfüllte Raphael Zimmer, Galerie
und Kapelle mit den Idealen menschlicher Schönheit. Leidenschaftlich
liebte er die Musik; täglich hörte man den Palast von kunstreicher
Musik erschallen, murmelnd sang der Papst ihre Melodien nach. „Ein
Freund der Gelehrten" — nennt ihn ein Gesandter — „zwar religiös,
doch will er leben." Seine Mildthätigkeit und Herzensgüte rühmt ein
anderer. Zuweilen verließ er Rom zum Schmerze des Eeremonien-
Meisters nicht allein ohne Chorhemd, sondern, wie dieser in seinem
Tagebuche bemerkt, „was das Ärgste ist, mit Stiefeln an seinen Füßen."
Er brachte den Herbst mit ländlichen Vergnügungen zu: mit der Beize,
der Hirschjagd, dem Fischfang; Improvisatoren begleiteten ihn zur