104 VIl. Im Walde.
211. Der Knabe im Walde.
Ein Knabe lief in den Wald. Da rief ihm der Eichbaum zu;:
„Komm, lagre dich in meinen Schatten!“ Der Knabe antwortete freund⸗
lich: „Schönen Dank! wenn ich zurückkomme, will ich es thun; jetzt bin
ich noch nicht müde.“ Darauf traf er die Maiblume an. Die sprach:
„Komm zu mir und rieche meinen Duft!“ Der Knabe ging hin, und
weil sie so lieblich roch, sprach er: „Maiblümchen, ich will dich mit—
nehmen zu meiner Multer!“ Und die Blume war es zufrieden. Nun
erblickte er die rote Erdbeere, die rief ihm auch zu: „Komm, pflücke
mich! ich bin reif.“ Da antwortete der Knabe: „Erdbeerchen, dich will
ich meiner Schwester mitnehmen,“ und sie ließ sich gerne brechen. Zuletzt
kam der Knabe zu einer Tollkirsche; die rief ihm auch zu: Komm, iß
mich! ich bin reif.“ Der Knabe aber antwortete: „Ich will dich nicht
essen; du siehst mir giftig aus, aber ich will dich abbrechen und meinem
Vater zeigen, der kennt dich besser als ich.“ Wilhelm Curtman.
212. Wo wohnt der liebe Gott?
Hinaus tritt in den dunkeln Wald! Die Berge sieh zum Himmel
gehn, die Felsen, die wie Säulen stehn, der Bäume ragende Gestalt!
Horch, wie es in den Wipfeln rauscht! Horch, wie's im stillen Thale
auscht! Dir schlägt das Herz, du merkst es bald: der liebe Gott wohnt
in dem Wald; dein Auge zwar kann ihn nicht sehen, doch fühlst du
seines Odems Wehen. Wilhelm Hey.
213. Leb wohl, du schöner Wald!
1. So scheiden wir mit Sang und Klang: ‚Leb wohl, du schöner
Wald, mit deinem kühlen Schatten, mit deinen grünen Matten, du
süßer Aufenthalt!“
2. Wir singen auf dem Heimweg noch ein Lied der Dankbarkeit:
„Lad ein wie heun uns wieder auf Laubesduft und Lieder zur schönen
Maienzeit!⸗
8. Schaut hin! Von fern noch hört's der Wald in seiner Abendruh;
die Wipfel möchl' er neigen, er rauschet mit den Zweigen. „Lebt wohl!“
ruft er uns zu. Heinrich Hoffmann v. Fallersleben.