V. Die Kirche.
48. Abendläuten.
1. Aus dem Dörflein da drüben vom Turme herab, da läuten
die Menschen den Tag zu Grab. Sie läuten und läuten und ich und
du, wir hören gar gerne dem Läuten zu.
2. Wenn sie läuten, da sollen wir immerdar fein zum Singen und
Beten gerüstet sein. Wir sagen der Glocke gar große Ehr'; denn's
Läuten ist immer bedeutungsschwer.
3. Wenn sie läuten am Sonntag, das klinget wohl schön. Da
sollen wir stille zur Kirche gehn und sollen, versammelt am heiligen
Ort, uns predigen lassen des Herren Wort.
4. Und zur Tauf' und zur Trauung da läuten sie auch; das
Läuten ist immer ein heiliger Brauch. Und wird uns die letzte Ehr'
gethan, so fangen die Glocken zu läuten an.
5. Bet eifrig! Jetzt schlagen sie dreimal drei. Bald sind nun
die Leute vom Laͤuten frei. So schlagen zum Ende die Christenleut'
zu Ehren der heil'gen Dreieinigkeit. Gottfried Wilhelm Fink.
49. Die wandelnde Glocke.
1. Es war ein Kind, das wollte nie zur Kirche sich bequemen,
und Sonntags fand es stets ein Wie, den Weg ins Feld zu nehmen.
2. Die Mutter sprach: „Die Glocke tönt, und so ist dir's befohlen,
und hast du dich nicht hingewöhnt, sie kommt und wird dich holen.“
3. Das Kind, es denkt: Die Glocke hängt da droben auf dem
Stuhle. — Schon hats den Weg ins Feld gelenkt, als lief' es aus
der Schule.
4. Die Glocke, Glocke tönt nicht mehr, die Mutter hat gefackelt.
Doch welch ein Schrecken hinterher! Die Glocke kommt gewackelt.
5. Sie wackelt schnell, man glaubt es kaum; das arme Kind im
Schrecken, es läuft, es kommt als wie im Traum; die Glocke wird
es decken.
6. Doch nimmt es richtig seinen Husch, und mit gewandter Schnelle
eilt es durch Anger, Feld und Busch, zur Kirche, zur Kapelle.
7. Und jeden Sonn- und Feiertag gedenkt es an den Schaden, läßt
durch den ersten Glockenschlag, nicht in Person sich laden.
Wolfgang von Goethe.
50. Gloͤckenklang.
O Glockenklang, wie lieb ich dichl! 8. Du rufest alle nah und fern;
Wie tönest du so feierlich! Auch ich folg' deinem Rufe gern.
O Glockenklang so voll und rein, 4. Gott hört auch, wenn im Kämmer⸗
Du ladest mich zum Beten ein! lein
Ich zu ihm bete ganz allein.
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