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Kehren wir uns um, so haben wir vor uns eine große, breite
Treppe, die Terrassentreppe. Sie trägt an ihren vier Ecken kunstvoll
aus Sandstein gemeißelte und vergoldete Bildergruppen, welche die vier
Tageszeiten, Morgen, Mittag, Abend und Nacht, darstellen. Wir steigen
die 42 Stufen hinauf und stehen nun auf der Brühlschen Terrasse.
Das ist der schönste Punkt der Residenz, so schön, wie ihn kaum
eine andere Stadt aufweisen kann. Noch einmal schauen wir rückwärts auf
das Gewimmel des Schloßplatzes und auf die anliegenden Prachtgebäude.
Dann aber machen wir einen Spaziergang über die mit Bäumen, Blu—
men und Kunstwerken reich geschmückte Terrasse, und neue entzückende
Bilder bieten sich unserem Auge dar.
Zu unseren Füßen liegt der Landungsplatz der Dampfschiffe.
Langsam und geräuschlos fließt die Elbe dahin, aber auf ihr und an
ihr herrscht reges Leben. Am Ufer liegen schmucke Dampfer, welche be—
stimmt sind, Reisende und Güter stromaufwärts nach der sächsischen Schweiz
und nach Böhmen zu tragen. Eben stößt ein solcher Dampfer vom Lande ab.
Er ist ganz mit Vergnügungsreisenden besetzt, seine Schaufelräder greifen
gewaltig in den Strom und werfen hohe Wellen. Stromabwärts treibt
ein Floß, das in Böhmen aus großen Baumstämmen hergestellt worden ist.
Die Führer sind ängstlich bemüht, es glücklich durch einen der engen Bogen
der Augustusbrücke hindurchzulotsen. Dahinter schwimmen mehrere große
Kähne; der eine ist mit böhmischen Braunkohlen beladen, die anderen bringen
Sandsteinblöcke aus den Steinbrüchen der sächsischen Schweiz. Keuchend
und klirrend kommt ein Kettendampfer unter der Brücke herauf; er schleppt
zwölf bis fünfzehn Elbzillen, welche teils leer, teils mit ausländischen Waren
befrachtet sind, in langem Zuge hinter sich her. Dazwischen fahren Gondeln
und leichte Kähne herüber und hinüber zu den freundlichen Badehäusern,
wo Hunderte von Menschen sich in den kühlen Fluten frisch und gesund
baden.
Über die vier Brücken hinweg, die den Strom überspannen, schweift
der Blick nach Neustadt und Antonstadt bis zu den langgestreckten
Kasernen der Albertstadt. Eine wunderschöne Landschaft aber thut sich
dem Auge auf, wenn es elbaufwärts schaut. Umrahmt von den dunklen
Waldungen der Dresdner Heide, liegen an den Abhängen des Elbufers
und auf seinen Höhen bis hinaus nach Loschwitz die prächtigsten Land—
häuser und Schlösser, mitten im Grün ihrer Wein- und Obstgärten.
Wie die Brühlsche Terrasse den schönsten Spaziergang in der Stadt
bietet, so gewährt der Große Garten mit seinen schattigen Lindenalleen
und seinen ehrwürdigen, alten Eichen einen solchen außerhalb derselben. Und
wer nicht bloß Erholung sucht, sondern dabei auch Belehrung finden will,
der besuche noch den Zoologischen Garten mit seinen wilden Tieren
oder betrachte den Botanischen Garten mit seinen wohlgepflegten ein
heimischen und fremden Gewächsen.