Full text: Die Muttersprache (Teil 3 = [3. und 4. Schuljahr], [Schülerband])

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Umgebung der Stadt Zwickau zählt man allein an 50 solcher Schächte. 
Jahraus, jahrein arbeiten Tausende von Bergleuten in den Gruben unter 
der Erde und bringen so viel Kohlen heraus daß täglich 200 Eisenbahn— 
züge voll nach allen Gegenden Sachsens und nach dem Auslande befördert 
werden können. 
Die Arbeit eines Kohlenbergmannes ist eine sehr beschwerliche und 
gefahrvolle, und schon mancher hat in dem Innern der Erde seinen Tod 
gefunden. Wer etwas Genaueres darüber wissen will, wie es da unten in 
der schauerlichen Tiefe zugeht, der muß einmal mit einem Bergmanne 
anfahren. Dies wird aber nur erwachsenen Personen gestattet und auch 
diesen nicht jederzeit. Ein Mann, der eine Einfahrt in den Brückenberg 
bei Zwickau unternommen hat, erzählt uns über seine Erlebnisse folgendes 
Ich meldete mich zunächst bei dem Obersteiger, einem höheren Beamten 
des Kohlenwerkes, und bat um die Erlaubnis, mit einfahren zu dürfen. 
Nach einigem Bedenken erhielt ich sie, und vergnügt schlüpfte ich nun in 
das mir vorgelegte Bergmannsgewand. Es bestand aus einem groben 
Leinwandkittel, weiten Beinkleidern, einem Gürtel, einem Schutzleder und 
einem dicken, schweren Filzhute. Alles war von schwarzer Farbe. Zuletzt 
hängte man mir ein Grubenlämpchen an, und dann ging es in Beglei— 
tung eines Steigers nach dem Schachtgebäude, wo sich die ffnung 
des Schachtes befindet. 
Hier betrachtete ich zuerst die große Dampfmaschine, welche die 
gefüllten Kohlenkarren aus der Tiefe herauf- und die leeren wieder hinab— 
befördert. Ich bemerkte zwei feste Gerüste, die an starken Drahlseilen 
hingen, den sogenannten Förderstuhl, auf welchem die Karren standen. 
Während das eine Gerüst heraufkam, ging das andere hinab. Die vollen 
Karren wurden etwas beiseits vom Schachte ausgeschüttet, sodann wurden die 
Kohlen sortiert und zu gewaltigen Haufen aufgetürmt. 
Eben war wieder ein solches Gerüst von der Maschine heraufgebracht 
und leer gemacht worden, als der Steiger mich aufforderte, dasselbe zu 
betreten, um mit in die Tiefe zu fahren. Ich hatte keine Furcht und folgte 
meinem Führer getrosten Mutes. Mit rasender Geschwindigkeit ging es 
nun abwärts. Nach wenigen Augenblicken hörten wir nicht mehr das Glöck— 
lein im Schachtgebäude, und tiefe Finsternis umgab uns. Nur dürftig 
wurde der schwarze Schlund von dem kleinen Grubenlämpchen beleuchtet 
Ich sah beim Vorübersausen, daß der Schacht mit Holz ausgezimmert war, 
und daß hier und da von demselben Seitengänge abzweigten, die der Berg- 
mann Strecken nennt. 
Endlich hielt das Fahrzeug still, und wir stiegen aus. Mehrere 
Arbeiter empfingen uns und riefen mit heller Stimme: „Glück auf!“ Wir 
wanderten hierauf in einer Seitenstrecke vorwärts; aber dieses Wandern 
war oft recht unbequem. Hier und da wurde der Gang so niedrig, daß 
man sich bücken mußte, an anderen Stellen ragten Gesteine und Holzbalken 
in den Gang hinein, so daß man bald mit den Armen, bald mit dem 
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