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Oie Geschichte eines Torfmoors.
legentliche Überschwemmung gewohnt und stehen fest aus ihren starken
wurzeln. Ihre Blätter fallen und sprießen, ihre Stämme ragen und
runden sich, und sie wachsen, unbehelligt von Menschenhand, einer
Urwaldzukunft von Jahrhunderten entgegen.
Da kommt eines Kbends irgend ein Käfer herangeschwirrt und
ruht sich aus, um ein winziges Körnchen abzuputzen, welches ihm
draußen beim Umherkriechen unter die Flügelchen geraten war- er
entledigt sich desselben und fliegt weiter. Und dieser Käfer hat das
Schicksal des Waldes herangetragen. Denn das winzige Körnlein ist
ein Kiese an sprossender Kraft, und es wird die stolzen Lichen be¬
graben. Ihm ist wohl in dem Sumpf- mit Wonne saugt es die Feuch¬
tigkeit ein, dehnt sich und sprengt seine hülle. Grünliche Zellfäden
wachsen aus ihm hervor, dann feine Würzelchen, die sich im
Boden festsaugen. Sie nähren zunächst nur eine winzig grüne Masse
von unbestimmter Form,- allmählich aber entwickelt sich daraus ein
Moosstämmchen mit Blättern, und zwar ein merkwürdiger Stamm
mit merkwürdigen Blättchen. Zur guten Hälfte besteht jener aus
großen Zellen, die nichts enthalten als Wasser. Die jungen Blätter
bestehen anfangs aus gleichartigen Zellen- mit der Zeit aber bildet
sich bei ihnen eine Formverschiedenheit heraus: je vier schmale, mit
grünem Farbstoff gefüllte Zellen umgeben eine größere viereckige-
diese letztere verliert beim wachsen ihren organischen Inhalt und
wird ein leerer Wasserbehälter. Zugleich wachsen die innern Teile
des Blattes schneller als der Kand, und dadurch nimmt das ganze
Blättchen die Form eines Kahnes an, dessen Höhlung wieder Wasser
zu fassen imstande ist. Der Stamm treibt kleine Zweige, die ihm
nahe anliegen, und in den Kchseln sammelt sich gleichfalls Wasser an.
So ist das ganze Pflänzchen fast nichts anderes als ein Schwamm
voller hohlräume,- es hat deren so viele, und es enthält so wenig grünen
Farbstoff, daß es nicht einmal eine gesunde grüne Farbe hat, sondern
eine graue, durch welche das Grün nur leise schimmert- es ist ein
Torfmoos. Ls saugt und wächst mächtig. Immer neue Spitzchen und
Ästchen treibt es und dehnt sich kriechend aus - am hintern Lnde stirbt
es ab ukd verfault- aber die Spitzen wachsen weiter und bilden
Käsen, welcher, sich mehr und mehr verbreitend, schließlich den ganzen
Sumpf überwuchert.
Sind erst die Lachen und Tümpel mit Torfmoos gefüllt, so tritt
eine neue Ligenschaft des Pflänzchens in Wirkung. Ls enthält nämlich
so viel Gerbsäure, daß das Wasser, in dem es lebt, fäulniswidrig wird,-
die Kleinwesen, welche die Fäulnis verursachen, können nicht mehr in