Full text: (Für das 8. und 9. Schuljahr) (Teil 4 für Mädchen)

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Oie Geschichte eines Torfmoors. 
legentliche Überschwemmung gewohnt und stehen fest aus ihren starken 
wurzeln. Ihre Blätter fallen und sprießen, ihre Stämme ragen und 
runden sich, und sie wachsen, unbehelligt von Menschenhand, einer 
Urwaldzukunft von Jahrhunderten entgegen. 
Da kommt eines Kbends irgend ein Käfer herangeschwirrt und 
ruht sich aus, um ein winziges Körnchen abzuputzen, welches ihm 
draußen beim Umherkriechen unter die Flügelchen geraten war- er 
entledigt sich desselben und fliegt weiter. Und dieser Käfer hat das 
Schicksal des Waldes herangetragen. Denn das winzige Körnlein ist 
ein Kiese an sprossender Kraft, und es wird die stolzen Lichen be¬ 
graben. Ihm ist wohl in dem Sumpf- mit Wonne saugt es die Feuch¬ 
tigkeit ein, dehnt sich und sprengt seine hülle. Grünliche Zellfäden 
wachsen aus ihm hervor, dann feine Würzelchen, die sich im 
Boden festsaugen. Sie nähren zunächst nur eine winzig grüne Masse 
von unbestimmter Form,- allmählich aber entwickelt sich daraus ein 
Moosstämmchen mit Blättern, und zwar ein merkwürdiger Stamm 
mit merkwürdigen Blättchen. Zur guten Hälfte besteht jener aus 
großen Zellen, die nichts enthalten als Wasser. Die jungen Blätter 
bestehen anfangs aus gleichartigen Zellen- mit der Zeit aber bildet 
sich bei ihnen eine Formverschiedenheit heraus: je vier schmale, mit 
grünem Farbstoff gefüllte Zellen umgeben eine größere viereckige- 
diese letztere verliert beim wachsen ihren organischen Inhalt und 
wird ein leerer Wasserbehälter. Zugleich wachsen die innern Teile 
des Blattes schneller als der Kand, und dadurch nimmt das ganze 
Blättchen die Form eines Kahnes an, dessen Höhlung wieder Wasser 
zu fassen imstande ist. Der Stamm treibt kleine Zweige, die ihm 
nahe anliegen, und in den Kchseln sammelt sich gleichfalls Wasser an. 
So ist das ganze Pflänzchen fast nichts anderes als ein Schwamm 
voller hohlräume,- es hat deren so viele, und es enthält so wenig grünen 
Farbstoff, daß es nicht einmal eine gesunde grüne Farbe hat, sondern 
eine graue, durch welche das Grün nur leise schimmert- es ist ein 
Torfmoos. Ls saugt und wächst mächtig. Immer neue Spitzchen und 
Ästchen treibt es und dehnt sich kriechend aus - am hintern Lnde stirbt 
es ab ukd verfault- aber die Spitzen wachsen weiter und bilden 
Käsen, welcher, sich mehr und mehr verbreitend, schließlich den ganzen 
Sumpf überwuchert. 
Sind erst die Lachen und Tümpel mit Torfmoos gefüllt, so tritt 
eine neue Ligenschaft des Pflänzchens in Wirkung. Ls enthält nämlich 
so viel Gerbsäure, daß das Wasser, in dem es lebt, fäulniswidrig wird,- 
die Kleinwesen, welche die Fäulnis verursachen, können nicht mehr in
	        
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