Full text: [Teil 3 = 3. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 3 = 3. Schuljahr, [Schülerband])

1056 D. Die heimatliche Flur im Jahreslaufe. 
fertig. „Drei!“ — Da scheint die liebe Sonne so warm vom 
blauen Himmel, daß alle Vögel vor Freude singen und alle 
Mucken tanzen. Jetzt beginnen alle Samenkörnchen aufzuspringen 
und zu wachsen. Die Nüsse zerplatzen, die Haferkörnchen und 
die rauhen Samen der wilden Möhre, alle strecken ihre Vurzeln 
aus und treiben um die Vette nach oben. Die einen fertigen 
zwei Blãtter gleich auf einmal, die andern treiben nur ein ein— 
ziges grünes Spitzehen. Alle sind noch von ziemlich gleicher 
Höhe. Doch nun suchen etliche den andern zuvorzukommen. 
Die Vinden und die Bohnen wickeln sich mit grober Schnellig- 
keit nach oben. Sie wollen gar zu gern die Könige der Pflanzen 
sein. Alle Tage rũcken sie eine Spanne weiter, bringen neue 
Blãtter und neue Blüten. Ein paar Monate sind verstrichen. 
Wie sind jetzt die Pflanzen auf ihrem Wettlaufe so verschieden! 
Die Bohnen und Vinden sind zwei Männer hoch, der Hopfen 
ist noeh höher; er wird wohl König werden. Die Weiden und 
Pappeln, die Haseln und die Goldruten sind mannshoch auf- 
geschossen. Sie werden wenigstens Hoffräulein- und Kammer- 
herrnstellen des neuen Königs erhalten können. Die jungen 
Eichen und Buchen sind noch klein. Sie sind weit, weit hinter 
den übrigen zurückgeblieben. Die hohen, weißen Blumen der 
Vinden, die feuerroten. Blütentrauben der Bohnen formen sich 
schon auf Königskronen und Purpurschmuck. Sie schauen mit- 
leidig herab auf die kleinen Eichen tief unter ihnen. Selbst die 
Grashalme haben sich viel länger gestreckt als das kleine Eich- 
pflänzehen. Sie gedenken irgend eine Stelle im Hofstaate des 
neuen Königs zu erhalten. Nur das kleine Moos nimmt sich 
des jungen Bãumchens an. Es ist selbst viel zu bescheiden, als 
daß es ihm in den Sinn kommen sollte, nach der Königskrone 
zu trachten. Es umhüllt warm und freundlieh die jungen Stämm- 
chen, schützt sie vor dem heiben Sonnenstrahl und reicht ihnen 
frisches Wasser, wenn sie dürsten. 
2. Vieder versstreichen mehrere Wochen. Die Sonne geht 
später auf und zeitiger zu Bette; die Luft wird kühler. Da ist 
es mit den stolzen Blumen schon vorbei. Dem Hopfen und 
den Vinden wird es so schwach zu Mute, die Bohnen werden 
blaß und können nieht allein stehen. Die Grashalme sinken 
um, die Blumen verblühen. — Es fallen Schneeflocken. Nichts 
ist mehr von der ganzen Herrlichkeit übrig, als hie und da ein
	        
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