Full text: [Unter- und Mittelstufe] (Unter- und Mittelstufe)

149 — 
aber sprach: „Wart nur ein Weilchen, bis der Mond aufgegangen 
ist.“ — Und als der Mond aufgegangen war, faßte er Gretel bei 
der Hand. Da lagen die Kieselsteine und schimmerten wie neu 
geschlagene Taler und zeigten ihnen den Veg. Nun gingen sie 
die ganze Nacht durch, und als es Morgen war, kamen sie wieder 
bei des Vaters Haus an. Der Vater freute sich, als er seine Kinder 
wieder sah, denn es war ihm zu Herzen gegangen, als er sie s0 
allein gelassen hatte; die Stiefmutter stellte sich auch, als ob sie 
sich freute; heimlich aber war sie bös. 
Nicht lange darnach war wieder kein Brot im Hause, und 
Hansel und Gretel hörten, wie abends die Mutter zum Vater sagte: 
„Einmal haben die Kinder den Weg zurückgefunden, und da habe 
ich's gut sein lassen; aber jetzt ist wieder nichts als nur ein halber 
Laib Brot im Hause; du mußt sie morgen tiefer in den Wald führen, 
daß sie den VWeg nicht zurũckfinden, es ist sonst keine Hilfe mehr 
für uns.“ — Dem Manne fiel's schwer aufs Herz, und er dachte: 
„Es wäre doch besser, venn du den letzten Bissen mit deinen 
Kindern teiltest.“ Weil er aber einmal eingewilligt hatte, so durfte 
er nicht nein sagen. Als die Kinder das Gespräch gehört hatten, 
stand Hänsel auf und wollte wieder Kieselsteine auflesen; als er 
aber an die Ture kam, hatte sie die Frau zugeschlossen. Doch 
trôsstete er die Gretel und sprach: Schlat nur, Gretel, der liebe 
Gott wird uns schon helfen.“ 
Morgens früh erhielten sie ihr Stücklein Brot, noch kleiner 
als das erstemal. Auf dem Wege zerbröckelte es Hänsel in der 
Tasche, stand oft still und warf ein Stücklein auf die Erde. „Was 
bleibst du immer stehen, Hänsel, und gucksst dich um?“ sagte der 
Vater, „geh deines Weges!“ — „Ich sehe nach meinem Täubchen, 
das sitzt auf dem Dache und will mir ade sagen.“ „Du Narr,“ 
sagte die Stiefmutter, ,das ist dein Taubchen nicht, das ist die 
Morgensonne, die auf den Schornstein scheint.“ — Hänsel aber 
zerbröõckelte all' sein Brot und warf die Stucklein auf den Veg. — 
Die Frau fũührte sie ganz tief in den Vald hinein, wo sie ihr 
Lebtag noch nicht gewesen waren. Da sollten sie wieder bei einem 
großen Feuer sitzen und schlafen, und abends wollten die Eltern 
kommen und sie abholen. Zu Mittag teilte Gretel ihr Brot mit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.