Full text: Thüringer Sagen (Abteilung 1, [Schülerband])

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Beutel ein zierliches Kästlein aus Ebenholz, darin war ein Schmuck, 
auf dem Hute zu tragen, der wohl gefaßt war mit edlen hellen 
Steinen. Die Edelsteine und die Goldstäbchen umrahmten ein Ge— 
mälde: das Bild unseres Herrn und Heilandes. Dieses sandte er 
ihr in rechter, treuer Liebe. 
Als Elisabeth den Schmuck in ihre Hand nahm, lachte sie 
freundlich und dankte dem trefflichen Ritter. 
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Nach ein paar Jahren aber ward Hochzeit gehalten, und Vargula 
durfte die Braut Elisabeth führen. Als er aber mit ihr zur Wart— 
burg kam und die Hand der Elisabeth in Ludwigs Hand legte, da 
seufzte der treue Ritter erleichtert auf und sprach: „Nun erst ist 
meine Reise ganz vollbracht.“ 
29. Landgraf Ludwig und der Löwe. 
Derselbe Landgraf hatte einen Schwager: Heinrich von Osterreich. 
Das war der Sohn des Herzogs Hermann von sterreich, dessen Lob 
Heinrich von Ofterdingen so schön und so furchtlos gesungen hatte. 
Herzog Heinrich von Osterreich ging oft in fremde Länder, dort zu 
jagen und Tiere zu schießen. Einmal wollte er auch ein wildes Tier 
lebendig fangen. Er machte eine Grube, legte dünne Zweige und 
Blätter darüber und darauf frisches Fleisch. Als der Herzog am 
nächsten Tage wieder an die Grube kam, hatte sich darin ein Löwe 
gefangen. Da dachte er: „Ein Löwe ist ein seltenes Tier, den nehme 
ich mit nach Deutschland. Ich schenke ihn jemandem, den ich lieb 
habe.“ Dabei dachte er an Landgraf Ludwig. 
Heinrich von Österreich brachte den Löwen auf einen festen 
Wagen und ließ ihn nach Deutschland bringen ins Thüringerland 
und auf die Wartburg. Dort kam der Löwe in einen Käfig mit 
doppeltem Gitter. Der Käfig stand im Wartburghofe. 
Eines Morgens ging der Landgraf leicht bekleidet und ganz ohne 
Waffen in den Wartburghof hinab, um frische Morgenluft zu schöpfen. 
Da hörte er auf einmal ein gewaltiges Brüllen. Als er sich 
umdrehte, siehe, da stand der gewaltige Löwe frei und ledig da, und 
seine Mähne umwehte ihn wie ein gelber Königsmantel. 
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