„Ach,“ rief jetzt der Mann, „ich habe mich nur versprochen! Auf
dem rechten Augẽ ist es blind.“
Mn deckte der Bauer die Augen des Pferdes wieder auf und
rief: „Jetzt ist es klar, daß du ein Dieb und ein Lügner bist.
Da seht alle her, der Gaul ist gar nicht blind. Ich fragte nur so,
um den Diebstahl an den Tag zu bringen.“
Die Leute, die umherstanden, lachten, klatschten in die Hände
und riefen: „Ertappt, ertappt!“ Der Roßdieb mußte das Pferd wieder
zurückgeben ünd wurde zur verdienten Strafe gezogen.
18. Der Löwe, der Bär und der Wolf.
August Gottliob Heiszner. (Nach Camerarius u. a.)
Pabeln. Wien. 1813. 8. 2561.
Ein Löwe und ein Bär hatten in freundschaftlicher Verbindung
ein Hirschkalb erlegt, aber über der Theilung desselben geriethen sie
in Streit und kämpften wol eine Stunde zusammen, bis sie beiderseits
athemlos zu Boden sanken.
In eben diesem Augenblicke ging ein Wolf vorüber, sah die
Ohnmacht von beiden, nahm dreist das Hirschkalb für sich selbst hinweg
und ging von dannen.
19. Am Abend.
Wilhelm Hey.
Funfzig Fabeln für Kinder. Gotha. O. J. Anhang. S. 6. ¶. Aufl. Kamburg. 1833.)
Guter Vater im Himmel du,
meine Augen fallen zu,
Will mich in wein Bettchen legen,
gib nun du mir deinen Segen!
Lieber Gott, das bitt' ieh dich,
bleibe bei mir, hab' acht auf mich!
20. Der Haushahn.
Oristoph von Sehmid.
Gesammelte Schrifton. XVI. Band. Augsburg. 1861. 8 63.
Zwei Räuber stiegen um Mitternacht auf einer Leiter zum
Fenster einer Mühle hinein, um den reichen Müller zu berauben
Wie sie nun in dem dunkeln Hausgange leise auf den Zehen
vorwärts schlichen, um die Schlafkammer des Müllers zu finden,
wo er sein Geld aufbewahrte, krähte nicht weit von ihnen der
Haushahn.
Der jüngere Räuber fuhr zusammen und sagte leise; „Der Hahn
hat mich recht erschreckt! Wir wollen wieder umkehren, der Diebstahl
möchte auskommen!“