Full text: Mit Einleitung und Übersicht der Formenlehre (Teil 2 = 4. Schuljahr (Sexta), [Schülerband])

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sah er schon aus, weiß mit roten Backen, daß jeder, der ihn erblickte, 
Lust danach bekam; aber wer ein Stückchen davon aß, der mußte sterben. 
Als der Apfel fertig war, färbte sie sich das Gesicht und verkleidete sich 
in eine Bauersfrau, und so ging sie über die sieben Berge zu den sieben 
Zwergen. Sie klopfte an, Sneewittchen streckte den Kopf zum Fenster 
heraus und sprach: „Ich darf keinen Menschen einlassen, die sieben Zwerge 
haben mir's verboten." Mir auch recht," antwortete die Bäuerin, „meine 
Äpfel will ich schon los werden. Da, einen will ich dir schenken." „Nein," 
sprach Sneewittchen, „ich darf nichts annehmen." „Fürchtest du dich vor 
Gift?" sprach die Alte, „siehst bu, da schneide ich den Apfel in zwei Teile; 
den roten Backen iß du, den Weißen will ich essen." Der Apfel war aber 
so künstlich gemacht, daß der rote Backen allein vergiftet war. Sneewittchen 
lüsterte den schönen Apfel an, und als es sah, daß die Bäuerin davon aß, 
so konnte es nicht länger widerstehen, streckte die Hand hinaus und nahm 
die giftige Hälfte. Kaum aber hatte es eiuen Bissen davon im Mund, 
so siel es tot zur Erde nieder. Da betrachtete es die Königin mit grau¬ 
sigen Blicken und lachte überlaut und sprach: „Weiß wie Schnee, rot wie 
Blut, schwarz wie Ebenholz! Diesmal können dich die Zwerge nicht wieder 
erwecken." Und als sie daheim den Spiegel befragte: 
„Spieglein, Spieglein an der Wand, 
Wer ist die Schönste im ganzen Land?" 
so antwortete er endlich: 
„Frau Königin, Ihr seid die Schönste im Lande." 
Da hatte ihr neidisches Herz Ruhe, so gut ein neidisches Herz Ruhe 
haben kann. 
6. 
Die Zwerglein, wie sie abends nach Haus kamen, fanden Sneewittchen 
aus der Erde liegen, und es ging kein Atem mehr aus seinem Mund. 
und es war tot. Sie hoben es auf, suchten, ob sie was Giftiges fänden, 
schnürten es auf, kämmten ihm die Haare, wuschen es mit Wasser und 
Wein, aber es half alles nichts; das liebe Kind war tot und blieb tot. 
Sie legten es auf eine Bahre lind sehten sich alle siebene daran und be¬ 
weinten es und weinten drei Tage lang. Da wollten sie es begraben, aber 
es sah noch so frisch aus wie ein lebendiger Mensch und hatte noch seine 
schönen roten Backen. Sie sprachen: „Das können wir nicht in die schwarze 
Erde versenken" und ließen einen durchsichtigen Sarg von Glas machen, 
daß man es von allen Seiten sehen konnte, legten es hinein und schrieben 
mit goldenen Buchstaben seinen Namen darauf, und daß es eine Königstochter 
wäre. Dann sehten sie den Sarg hinaus auf den Berg, und einer von ihnen 
blieb immer dabei und bewachte ihn. Und die Tiere kamen auch und be- . 
weinten Sneewittchen, erst eine Eule, daun eine Rabe, zuletzt ein Täubchen.
	        
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