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beißen und anderer Leute Schafe fressen, so kommt zuletzt der Jäger,
und du wirst mit ihnen geschossen.
Joh. Peter Hebel. Werke Berlin 1860. . S. 26.
102. Dĩie Wohlthat. (b.)
„Hast du wohl einen grösseren Woblthäter unter den Tieren
als uns?“ fragte die Biene den Menschen. „Jawohbl,“ erwiderte
dieser. Und wen?“ — „„Das Schaf; denn seine Wolle ist mir
notwendig, und dein Honig ist mir nur angenehm.““
Gotthold Vphraim Lessing. Werke. Berlin (Hempel). L. T. 8. 172. No. 13.
103. Ziege und Ziegenboek. (a.)
Anstatt der Kuhe halten sich viele Leute eine oder mehrere
Ziegen. Die Ziege hat viele Aehnlichkeit mit der Kub, ist aber
drei- bis viermal kleiner als diess. Ihr Kopf mit den sechalk-
haften Augen ist oben mit zwei schönen, langen, gebogenen Hör-
mern und unten mit einem mächtigen Kinnbarte geziert. Ihr fast
plumper Leib mit den hervorstehenden Hüftknochen ist mit
langen, zottigen Haaren bewachsen. Sie sieht bald schwarz, bald
weils, bald grau und bald bunt oder gefleckt aus. Ihre Fülse sindl
dunn, aber sehnig und zum Springen und Erklettern der Berge
besonders geeignet. Ihr grosses Euter enthält viel Nileh. Dieselbe
ist sehr nahrbaft und fett, zumal im Sommer. Die Ziege wäblt
zu ibrer Nahrung Leber Kräuter, als Gräser und weidet lieber
auf Bergen, als in Ebenen.
Der Ziegenbock ist ein heiterer und kampflustiger Gesell.
Sein Meckern klingt fast vie Lachen. dSeine Kopfarbeit hat er
wobl gelernt und ist zum Kampfe stets bereit. Er stampft dabei
zunächst mit dem EFusse, gebt dann einige Schritte zurüek, macht
einen Bocksprung, stellt sich auf die Hinterbeine und stölst end-
lich mit niedergehaltenen Hörnern auf seinen Feind los. — Doch
lässt er sich von den Menschen leicht zähmen, zum Ziehen kleiner
Wagen abrichten und als Kinderreitpferd gebrauchen.
Rudolt Dietlein
1104. Der Bock und der Fuchs. (b.)
Ein Bock und ein Fuchs hatten einmal großen Durst. Da kamen
sie an einen Brunnen, aber das Wasser war tief, und sie mußten, um
trinken zu können, hinabsteigen. Als sie den Durst gelöscht hatten, sagte
der Bock: „Wie kommen wir nun wieder hinaus?“
Der Fuchs besann sich nicht lange, sondern sagte: „Stelle dich auf
die hintern Füße, und halte dich mit den vordern an die Mauer! Ich
steige dann uüͤber deinen Rücken hinaus, und wenn ich draußen bin, will
ich dir auch hinaushelfen.“
Der Bock that also; aber als der Fuchs glücklich draußen war,
sprang er vor Freude herum, ohne sich weiter um den Bock zu kümmern.
Dietle in, Deutsches Volksschullesebuch. O. I. 2. Aufl.