fullscreen: Deutsche Geschichte bis zum Ausgange des Dreißigjährigen Krieges (Bd. 1)

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v- Weiß: Die Ansänge der hussitischen Bewegung. 
den Niedrigsten, zuvorkommendes Wohlwollen, predigten noch gewaltiger als 
alle Beredsamkeit der Zunge." — Die Bethlehemskapelle wurde aber auch 
damit nebst der Universität die Geburtsstätte der neuen Bewegung. Weil 
der berühmte Redner Hus für Wiclif war, waren auch die tschechischen 
Zuhörer für ihn, und weil Hus gegen die Deutschen auftrat, so nahm die 
nationalslawische Bewegung seine Reformpläne mit in den Kauf. 
Damals war das deutsche Element nach allen Seiten hin angegriffen, 
in Italien, in Flandern, in Ungarn, namentlich aber von den Slawen 
bekämpft; die Deutsch-Ritter erlagen vor den Polen. Die Vereinigung aller 
Slawen unter Führung der Tschechen, Verdrängung der Deutschen aus 
Böhmen ist unleugbar eines der Ziele des Johannes Hus. Die Deutschen 
in Böhmen fühlten sich schon länger bedroht, und der Kampf um Bestand 
der Rechte wurde insbesondere an der Universität angefochten. 
Wenzel nahm damals wieder einen Anlauf, die Zügel des deutschen 
Reiches zu ergreifen. Der Borwurf, daß er Wiclisiten beschütze, war gegen 
ihn im Reiche verbreitet. Um nun dem König gefällig zu sein und den 
ganzen Streit zu beschwichtigen, erklärte der Erzbischos. er habe nach genauer 
Untersuchung in seinem Sprengel keinen Ketzer oder Jrrlehrer gefunden. 
Diese Vertuschung der Gegensätze half aber nicht; sie traten beim 
nächsten Ereignis viel schroffer einander wieder gegenüber. 1409 verpflichtete 
sich nämlich wieder Wenzel, für die Beschlüsse des Konzils von Pisa ein- 
zustehen und hinsichtlich der beiden Päpste Neutralität zu beobachten, und 
verlangte Einhaltung dieser Neutralität vom Erzbischos und von der Uni¬ 
versität. Der Erzbischos und die drei Nationen weigerten sich jedoch, von 
Gregor XII. abzufallen. Hus tat in Wort und Schrift alles für den Antrag 
Wenzels. Die böhmische Nation entschied sich für die Neutralität, der Erz¬ 
bischos aber untersagte Hus als „einem ungehorsamen Sohn der Kirche" 
jede weitere Ausübung des Predigeramtes. 
So standen also aus der einen Seite Hus mit der böhmischen Nation 
und Wenzel, auf der anderen Seite der Erzbischos und die Deutschen. Hus 
gehorchte dem Verbot des Erzbischoss nicht und predigte fort in der Beth¬ 
lehemskirche, und das war verhängnisvoll für die Deutschen. Hus riet dem 
König, um den Widerstand der Deutschen zu brechen, die Verfassung der 
Universität zu ändern, der böhmischen Nation drei Stimmen zu geben und 
den drei anderen Nationen nur eine zu lassen. 
Der Papst, an dem die Deutschen festhielten, Gregor XII., war auch 
der Papst, der den Gegenkönig Ruprecht beschützte, und so war Wenzel gerade 
damals über die Deutschen aufgebracht und geneigt, auf den Vorschlag des 
Hus einzugehen, obschon er diesen kurz vorher mit den Worten angefahren 
hatte: „Du und dein Gefährte Hieronymus machen hier immer Unruhen. 
Wenn diejenigen, in deren Bereich es gehört, nicht Sorge tragen, so werde
	        
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