Full text: [Schuljahr 4, [Schülerband]] (Schuljahr 4, [Schülerband])

115 
Wenn der Schnee knirschte, wenn die Bahn in den steilen 
Straßen Clausthals hart und glatt war, und wenn nun gar 
der Mond schien — und wo scheint der Mond so hell wie in 
Clausthal! — dann versammelten wir Jungen und Mädel uns 
am Brink vor meines Großvaters Haus. Das war ein Gepiepse, 
wie von einem Sperlingsschwarm. Wir redeten tapfer; aber 
das kleine Herz klopfte, hatte doch die Polizei, das Ruscheln 
auf der Straße verboten. Es half aber alles nicht; hinunter 
mußten wir. Angesetzt! Los da! Und die Kufen donnerten 
den Berg hinunter bis zum Brauhausteiche und ein Stück den 
Rathausberg wieder hinauf. Das ging wie der Blitz. Je rasender, 
desto besser. Die Tränen purzelten nur so aus den Augen, und 
doch mußten wir scharf hinsehen. 
Hinter einer Schneeschanze, hinter einem übereisten Bottich 
lauerte der Stadtdiener. Mit seinem Hakenstock riß er den 
Schlitten herum, da hieß es flink sein, zutreten zur rechten Zeit 
und ausbündeln durch Nebengassen, wenn man unten am Berge 
absprang. Griff sich der Stadtdiener einen, so schleppte er ihn 
zur Wache, wo die armen Vagabunden hinter den eisernen Tralfjen 
saßen. Auf unser Mordgeschrei kamen wir an der grauenvollen 
Tür wohl wieder los, aber der Schlitten verschwand. Ich habe 
meinen einmal erst um Pfingsten wiederbekommen. 
Die Mädel konnten nicht so gut lenken wie wir, hatten 
auch meistens Kufen ohne Eisenschienen; da nahmen wir sie denn 
auf den Schoß. Sie legten den Kopf auf unsere Schulter, 
schlangen die Armchen um uns, und dann ging's hinunter wie 
ein Wetter. Da ist mir einmal ein Unglück begegnet. 
Ich fuhr mit der kleinen Emilie. Ihre Arme legte sie so 
fest um meinen Hals und ihren Krauskopf so dicht an mein 
Gesicht, daß ich nicht sehen und mich kaum rühren konnte. Wir 
fuhren denn auch eine Frau über. Die Harzweiber waren da— 
mals eine eigene Art von Menschen. Mundwerk und Hand— 
gelenk saßen ihnen sehr lose. Wir drei wickelten uns nicht 
auseinander, ohne daß Emilie und ich mehr als rote Backen hatten. 
Besser ging das Ruscheln doch ohne Mädel. 
Sorglos war das Ruscheln, wenn der Schnee auf den 
Wiesen so hart gefroren war, daß er uns trug. Da konnte
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.