Wir sprangen alle drei zu Fritz in den Graben.
„Ach, eine Primel! eine gelbe Primel ist es! und schon
ganz aufgeblüht!“ sagte Otto verwundert. Die Primel war
sfehr hübsch. Ein ganz gerader, kurzer, wolliger Stengel kam
aus dem feuchten Boden. Unten um den Stengel waren flach
ausgebreitet hellgrüne, etwas längliche Blätter mit vielen Adern.
Oben am Stengel standen drei hellgelbe Blumen, und viele
Knospen waren noch daneben.
Wir fanden noch zwei Primeln an dem Graben,; aber sie
waren noch nicht aufgeblüht.
Neben dem Graben war eine kleine, sonnige Wiese ohne
Bäume. Das Gras war noch braun. Es roch sehr gut und
glänzte in der Sonne. Wir lagerten uns und verzehrten unsere
Butterbrote. Dabei fanden wir noch etwas. Es waren dünne,
graue Zweige mit dicken, hellgrauen, wolligen Knospen. Seiden⸗
weich waren sie und so hübsch. Es waren Weidenkätzchen.
Wir mußten die Zweige mit dem Messer abschneiden, zum Ab—
brechen waren sie zu zäh.
Unsere Hände waren ganz rot und blau vor Kälte; unsere
Stiefel waren recht schmutzig und unsere Beine ziemlich müde,
als wir nach Hause kamen.
Aber ich glaube, es war der schönste Spaziergang, den
ich gemacht habe. Und als ich meine Brotdose aufmachte und
Efeuzweige, silbergraue Weidenkätzchen, grüne Moospflänzchen,
rosa und weiße Osterblumen, grüngelbe Haselnußkätzchen und
gelbe Primeln zum Vorschein kamen, da freuten sich alle zu—
sammen und wunderten sich, daß so ganz unbemerkt, während
in der Stadt noch alles winterlich kahl und leer aussah, im
Walde schon wieder der liebe Frühling eingezogen war.
Ilse Frapan.
34. Mai.
Der Mai ist da, der Mai! Jetzt grünt und keimt
es überall auf Bergen und in Tälern.
Die Wiesen sind mit weichem Gras bedeckt,
drauf springen Lämmer, Ziegen, muntre Füllen.
Die Bäche rieseln lustig durch das Land,
und draus zu trinken kommen Hirsch und Rehe.
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