Full text: [Abteilung 2, [Schülerband]] (Abteilung 2, [Schülerband])

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vorsichtiger. Der Abend haucht kühl aus Halm und Blatt. Die 
Buͤume heben ihre Wipfel regungslos in die Stille, nur die Vogel— 
kehlen sind noch laut. Die Brossel lockt mit hellem Ton, die 
Meise schlüpft, ihr Lied schrillend, von Busch zu Busch, der Wald— 
schreiner Specht hackt und hammert am Eichenstnmpf, dazwischen 
reischt der Hüher. Reineke ist am Rand der Waldwiese ange— 
nnten. E lauscht. Die Blumen neigen ihre Kelche, da und 
dort summt noch eine Biene, oder ein schwer gepanzerter Käfer 
schweift, behaglich brummend, in geschwungenem Bogen dahin. 
Jetzt knackt es in den Zweigen. Der Fuchs spitzt das Ohr; 
ein Pfeifen läßt sich hören. Da tritt das Reh heraus, das Haupt 
eck porgerichtet, die Augen nach allen Seiten rollend. Wieder 
pfeift es, und in schlanken Sprunge ist das Kälbchen der Alten 
zur Seite. In den drolligsten Sähen tändelt es um die Mutter, 
n Batt, ein Kraut wie im Fluge abstreifend und dann sich nieder— 
werfend zum Saugen. Die Mutter leckt ihm kosend den Nacken. 
Plötzlich hebt die Ricke den Kopf. Ihre Augen funkeln, ein Zittern 
siegt über die Flanken; sie macht ein paar Sprünge und stampft 
zornig mit den Läufen. Es ist klar, sie hat den Raͤuber gewittert. 
Der hat sich leisen Fußes herangestohlen, sacht, sacht, das Kitzlein 
wertuckt in Auge. Es gilt aber einen kühnen Griff. Die Alte 
hat ihm soeben den Weg Herrannt. Doch Reineke läßt sich nicht 
ren; er thut, als sei er in liefen Gedanken. Träumerisch sinnend 
starrt er ins Blaue. Keine Miene verrät, daß er der Beute an— 
sichtig geworden ist. Er verschwindet, um in weitem Bogen von 
ine andern Seite den Angriff zu versuchen. Allein die wachsame 
Alle drangt sich dicht an das Junge, denn sie kennt des Laurers 
Arglist. Dort streift er Horhei. Die Ricke pfeift wieder, und der 
Fuchs schaut auf, als schrecke er plötzlich zusammen. Doch er ist 
uzwischen dem Ziele seiner Wünsche nahe und näher gekommen. 
Der Agenblick ist günstig und Verstellung nicht mehr nötig. 
Reinele duckt sich nieder. Wie eine Katze schmiegt er sich an den 
Boden. Der Schwanz zuckt, die Augen sarren wildgierig auf das 
bende Der, er weist die mörderischen Zähne, hebt leise Fuß und 
Kopf zu Sprung und Biß, — ein Satz, — da stürzt sich die 
Mliter schnaubend auf den Räuber, mit den Füßen ihn zer— 
sampfend. Das Kälbchen ist gerettet. Reineke kehrt hinkend und 
zorngrimmig heim. 
139. Das Spinnlein. 
Nein, schaut mir doch das Spinnlein an, 
Wle's zarte Faäden zwirnen kann! 
Prau Nbme, du spinnst aueh wohl fein, 
Doch das pocht' wohl noch feiner sein. 
Dr macht es gar so fein und nett; 
VNelnt nieht, dass ich's zu haspeln pbt
	        
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