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er den armen Friedrich freundlich herbei, brockte ihm das Brot
ein und sprach ihm liebreich zu, er solle es sich wohlschmecken
lassen.
Der Spruch, der in der Schüssel stand, lautete also:
Der du des Armen kannst vergessen,
verdienest nicht, dich satt zu essen.
37. Sparsamkeit ist nicht Geiz.
VUaidius Jais.
Zwei Einwohner eines abgebrannten Dorfes gingen von Ort
zu Ort, um milde Gaben einzusammeln. Da kamen sie zu einem
großen Bauernhofe, wo der Bauer eben vor der Tür stand.
Er verwies es einem Knechte ernstlich, daß er die Stricke, woran
die Ochsen gespannt gewesen waren, über Nacht im Regen gelassen
habe und die Sachen nicht besser verwahre. Da sie dies von weitem
hörten, sagte einer zum andern: „O weh, dieser Mann ist geizig,
da wird's nicht viel geben!“
Als sie näher kamen, wurden sie von dem Bauern ganz
freundlich empfangen und ins Haus geführt. Sie erzählten ihm
nun ihr Unglück. Der Bauer ließ ihnen zu essen geben; dann
schenkte er ihnen ein schönes Stück Geld und versprach, noch zwei
Scheffel Saatkorn in das verunglückte Dorf zu schicken.
Die Männer wunderten sich sehr über seine Wohltätigkeit.
Sie gestanden während des Essens freimütig, daß sie ihn anfängs
für geizig gehalten hätten, weil er dem Knechte wegen einer solchen
Kleinigkeit einen so harten Verweis gegeben habe.
„Liebe Freunde,“ antwortete der Bauer, „ebendeswegen, weil
ich sparsam bin, bleibt mir so viel übrig, daß ich Notleidenden hel—
fen kann.“
38. Das Wunderkästchen.
Christoph von Schmid.
Eine Frau hatte in ihrer Haushaltung allerlei Unglücksfälle, und
ihr Vermögen nahm jährlich ab. Da ging sie in den Wald zu einem
alten Einsiedler, erzählte ihm ihre betrübten Umstände und sagte:
„Es geht in meinem Hause einmal nicht mit rechten Dingen zu.
Wißt Ihr kein Mittel, dem Übel abzuhelfen?“
Der Einsiedler, ein fröhlicher Greis, hieß sie ein wenig warten,
brachte über ein Weilchen ein kleines verfiegeltes Kästchen und
sprach: „Dieses Kästchen müßt Ihr ein Jahr lang dreimal des Ta—
ges und dreimal bei Nacht in Küche, Keller und Stallung und allen