Fünftes Schuljahr 97
„Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht?“
„Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säuselt der Wind.“ —
„Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn“
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.“ —
„Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort?“ —
„Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau,
Es scheinen die alten Weiden so grau.“ —
„Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt.“ —
„Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leid's? gethan!“ —
Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Müh' und Not, —
In seinen Armen das Kind war tot.
—
4 Die Schlange. GRätsel)
Von Schiller.
1. Unter allen Schlangen ist eine
Auf Erden nicht gezeugt,
Mit der an Schnelle? keine,
An Vut sich keine vergleicht.
2. Sie stürzt mit furchtbarer Stimme
Auf ihren Raub sich los
Vertilgt in einem Grimme
Den Reiter und sein Roß.
1) Reigen od. Reihen, ein Tanz, bei welchem die ganze Schar in
Reihen oder im Kreise geordnet (gereihet) ist und dem Zugführer Vor—
tänzer) nachfolgt; daher: einen Reigen führen. — 2) Leides, ein von
d. Adj. „leid“ gebildetes Subst.; ein L. thun — Böses zufügen, Hand
legen an. — 3) vgl. S. 60 A. 1.
Kaiser, Edelsteine deutscher Dichtung.