Full text: Edelsteine deutscher Dichtung

Fünftes Schuljahr. 
Die junge Hausfrau schenkt' ihm ein, 
Es war im heitern Sonnenschein. — 
Die Sonne bringt es an den Tag 
2 Die Sonne blinkt von der Schale Rand, 
Malt zitternde Kringeln! an die Wand, 
Und wie den Schein er ins Auge faßt, 
So spricht er für sich, indem er erblaßt: 
„Du bringst es doch nicht an den Tag“ 
„Wer nicht? was nicht?“ die Frau fragt gleich, 
„Was stierst du so an? was wirst du so bleich?“ 
Und er darauf: „Sei still, nur still; 
Ich's doch nicht sagen kann, noch will. 
Die Sonne bringt's nicht an den Tag.“ 
Die Frau nur dringender forscht und fragt, 
Mit Schmeicheln ihn und Hadern plagt, 
Mit süßem und mit bitterm Wort. 
Sie fragt und plagt ihn fort und fort: 
„Was bringt die Sonne nicht an den Tag?“ 
5. „Nein, nimmermehr!“ — „Du sagst es mir noch.“ 
„Ich sag' es nicht.“ — „Du sagst es mir doch“ 
Da ward zuletzt er müd' und schwach 
Und gab der Ungestümen nach. — 
Die Sonne bringt es an den Tag 
c. „Auf der Wanderschaft, 's ist zwanzig Jahr, 
Da traf es mich einst gar sonderbar; 
Ich hatt' nicht Geld, noch Ranzen,“ noch Schuh', 
War hungrig und durstig und zornig dazu. — 
Die Sonne bringt's nicht an den Tag 
J. Da kam mir just' ein Jud' in die Quer', 
Ringsher war's still und menschenleer 
„„Du hilfst mir, Hund, aus meiner Not; 
Den Beutel her, sonst schlag' ich dich tot!““ 
Die Sonne bringt's nicht an den Tag. 
1) hier als f. gebraucht; gew. m. Elur. Kringel); — kleiner Ring 
(Ringel), Kreis. — 2) Felleisen, Tornister — 3) vgl. S. 64 A. 4
	        
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