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aus dieser Wand nicht Platz genug hat. Die Wurzel eines ausge¬
zogenen Kopshaares erscheint auf diese Weise 3 bis 4 Fuß lang, und
ein ganzes mittellanges Haar etwa zolldick, und länger als eine hohe
Tanne. Andere Mikroskope vergrößern zwar nicht so stark wie das
Sonnenmikroskop, dagegen stellen sie die Gegenstände deutlicher dar.
— Bringt man einen Wassertropsen von stehendem Sumpfwasser unter
das Mikroskop, so staunt man; denn man bemerkt darin eine unzäh¬
lige Menge kleiner Thiere von der verschiedensten, sonderbarsten Ge¬
stalt. Ihr Leib ist bald nackt, bald mit einer Art Schale oder Panzer
umgeben. Alle haben eine Mundöffnung, welche mit Wimpern um¬
geben ist. Durch zitternde Bewegung dieser Wimpern oder haarsörmigen
Fangorgane treiben sie Wasser und damit die Nahrungsmittel in den
Schlund. Bei einigen stehen dergleichen Wimpern aus dem ganzen
Leibe. Manche haben steife Borsten, Hörnchen, Schnauzen und der¬
gleichen Gebilde am Körper. Sie können sich auf mannigfache Weise
bewegen. So schießen sie z. B. bald schnell vorwärts, halten plötzlich
an, kehren um und weichen sich aus, bald drehen sie sich im Kreise,
wälzen sich, verengern und erweitern, verlängern und verkürzen sich.
Ihre Vermehrung ist außerordentlich und geschieht theils durch Eier,
theils durch Sprossen bild ung und Theilung. Diese Thierchen
bilden sich vorzüglich in ungeheurer Menge in allen Ausgüssen oder
allem Wasser, in dem pflanzliche oder thierische Stoffe faulen; daher
nennt man sie Aufgußthierchen oder Infusionstierchen, denn
Infusion heißt Aufguß.
8. Das Pflanzenreich.
43. Das Samenkorn.
Jedes Samenkorn, es sei auch noch so klein, ist merkwürdig durch
seine Beschaffenheit. Es besteht aus einem weißen, mehlartigen Kern
und aus einer Schale, die den Kern überzieht, um ihn zu schützen.
Außer der groben, äußern, härtern Schale, die den zarten Kern vor
allen Verletzungen behüten muß, liegt zwischen ihr und dem Kern noch
eine feine, dünne Haut, damit die feste Schale den Kern nicht drücken
möge. So hüllt eine liebende Mutter ihr zartes Kind in mehrere
Tücher ein, um es zu schonen, und legt die feinsten Tücher gern zu¬
nächst um des Kindes Glieder. Welche Fürsorge des Schöpfers für
das Allerkleinste in seiner Natur! Wie manche Eltern haben für ihre
eigenen Kinder und deren Gesundheit nicht so viel Sorgfalt, als Gott
für das Leben des kleinsten, oft kaum dem Auge sichtbaren Samen¬
korns der gemeinsten Pflanze. Aber auch das Innere des Samen¬
körnleins ist merkwürdig. Man entdeckt darin einen kleinen Puntt, der
erhaben ist. Man nennt ihn das Herzchen; es ist der Keim der
künftigen Pflanze, der erste Anfang zum Kornhalm oder zum Eichbaum.
Selbst also auch die mehligen Theile sind nur eine Hülle; sie dienen