Sechstes Schuljahr. 155
Der Feind mit doppelt stärk'rer Gewalt,
Das Hifthorn! ruft furchtbar zum Streite
Und die Schwerter entfliegen der Scheide
Wie der Wald dumpf donnernd wiederklingt
Von ihren gewaltigen Streichen!
Die Schwerter kUingen, der Helmbusch winkt,
Und die schnaubenden Rosse steigen.
Aus tausend Wunden strömt schon das Blut,
Sie achten's nicht in des Kampfes Glut,
Und keiner will sich ergeben,
Denn Freiheit gilt's oder Leben.
Doch dem Häuflein des Ritters wankt endlich die Kraft,
Der Übermacht muß es erliegen!
Das Schwert hat die meisten hinweggerafft,
Die Feinde, die mächtigen, siegen
Unbezwingbar nur, eine Felsenburg,
Kämpft Harras noch und schlägt sich durch,
Und sein Roß trägt den mutigen Streiter
Durch die Schwerter der feindlichen Reiter
Und er jagt zurück in des Waldes Nacht,
Jagt irrend durch Flur und Gehege;
Denn flüchtig hat er des Weges nicht acht,
Er verfehlt die kundigen Stege.
Da hört er die Feinde hinter sich drein,
Schnell lenkt er tief in den Forst hinein
Und zwischen den Zweigen wird's helle,
Und er sprengt zu der lichteren Stelle
. Da hält er auf steiler Felsenwand,
Hört unten die Wogen brausen:
Er steht an des Zschopauthals? schwindelndem Rand
Und blickt hinunter mit Grausen.
) richtiger Hiefhorn; Hief — Ton des Jagdhorns — st. sich
bäumen. ) Zschopau, ein Nebenfl. der Freiberger Mulde im sächsischen
Erzgebirge; bei Lichtenwalde zeigt man noch eine steile Felswand, ge—
nannt di Harrassprung; vgl. d. Sagen v. d. Roßtrappe, vom Mägde—
sprunge un s. w. bei Grimm, Deutsche Sagen J. Nr. 31922.