Geschichte. 
V. Friedrich Wilhelm J. (1713 - 1740). 
1. Seine Person. Friedrich Wilhelm J. besaß im Gegensatz zu seinem 
Vater einen kräftigen Körper und ein derbes, echt deutsches Wesen. Er war 
überzeugt, daß nur Sparsamkeit dem Staate aufhelfen könnte. Daher entließ 
er gleich nach dem Antritt seiner Regierung den größten Teil der Hofbeamten 
seines Vaters und führte eine einfache, würdige Hofhaltung ein. Er selbst war 
sehr einfach in Kleidung und Lebensweise. Das gezierte französische Wesen 
haßte er. Dafür pflegte er Ordnungsliebe, Pflichttreue, Sittenreinheit und 
Gottesfurcht. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend war er bei der 
Arbeit. Er lebte nach seinem Ausspruche: „Der Regent ist zur Arbeit erkoren.“ 
Aber auch von seinen Untertanen verlangte er strengste Pflichterfüllung. Wenn 
er Mbeiter müßig stehen sah, half er mit seinem Stocke nach. Den Torschreiber 
in Potsdam prügelte er sogar mit dem Stocke aus seinem Bette heraus, als er 
früh am Morgen die Bauern vor dem geschlossenen Stadttor warten sah. Am 
Abend vergaß er jedoch alle Sorgen und saß mit seinen Freunden im Tabaks— 
kollegium gemütlich beisammen. Seine Aufgabe bezeichnete er mit den Worten: 
„Der König ist berufen, unparteiisch über allen Ständen zu walten, die Sonder— 
rechte und Sondervorteile zu beugen unter das allgemeine Wohl.“ 
2. Sorge für das Heer. Als der König den Thron bestieg, erklärte er, 
daß er sein eigener Feldmarschall sein wollte. Während seiner Regierung wurde 
das Heer von 38 000 bis auf 83 000 Mann vermehrt. Alle Regimenter mußten 
stets vollzählig und kriegsbereit sein. Die Hälfte der Soldaten wurde im Aus— 
lande angeworben; die andre Hälfte bestand aus Landeskindern. Jedes Regi— 
ment erhielt im Lande einen bestimmten Bezirk Kanton] zugewiesen, aus dem 
es seine Mannschaften entnehmen mußte. Alle gesunden Knaben wurden in 
das Soldatenregister eingetragen. Wenn sie zu Jünglingen herangewachsen 
waren, mußten sie so lange eine auffallend rote Binde tragen, bis sie zu den 
Fahnen einberufen wurden. Vom Militärdienste befreit blieben jedoch die 
Söhne von Edelleuten, Geistlichen und königlichen Beamten, von Eltern, die 
mindestens 10 000 Taler Vermögen besaßen, und alle Söhne, die vom Vater 
die Wirtschaft übernehmen mußten. Der König erließ zur gründlichen Aus— 
bildung des Heeres neue Vorschriften für den Dienst und bestimmte darin genau 
die Bewaffnung, Kleidung, Besoldung und Ausbildung der Truppen. Fürst 
Leopold von Dessau, der „alte Dessauer“, leitete die Ausbildung des Heeres. 
Er führte den Gleichschritt, das Exerzieren in drei Gliedern und den eisernen 
Ladestock ein. Die Infanterie lernte in einer Minute 5—7 mal feuern. Der 
Dienst war sehr streng. Schwere Vergehen wurden durch Spießrutenlaufen 
bestraft. Für Ausreißer war die Todesstrafe festgesetzt. Wer aber seine Pflicht 
tat, wurde sehr gut behandelt. Der König wählte die Offiziere selbst aus dem 
Adel des Landes. Zur Ausbildung tüchtiger Offiziere gründete er das Kadetten— 
haus. Für sein Potsdamer Leibregiment, das aus lauter „langen Kerlen“ 
bestand, gab er trotz aller Sparsamkeit viel Geld aus. Seine Armee galt da— 
mals für die beste der Welt. Mit Recht wird er „der Soldatenkönig“ genannt. 
Hirts neues Realienbuch. Geschichte. 6 19
	        
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