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Denn er hatte wahrscheinlich vergessen, daß es nicht gut sei, einem großen
Herrn etwas abzuschlagen. Vom Knurren kam es zum Beißen, und ehe
sich der Bäcker von seiner grünen Bank vor dem Hause erheben konnte,
lag sein Hündlein mit zermalmtein Genick vor ihm, und der Feldmann
lief mit dem eroberten Knochen und mit eingezogenem Schweife davon.
Sehr ergrimmt und entrüstet warf der Herr des Ermordeten dem
Raubmörder einen gewaltigen Stein nach. Aber was half's? Die Hand¬
granate flog nicht dem Hunde an den Kopf, sondern dessen Besitzer durch
das Fenster mitten auf den Tisch, an dem er gerade die Zeitung las, und
machte ein Loch hinein. Ohne zu fragen, woher der Schuß gekommen
sei, riß der Gerber den zertrümmerten Fensterflügel auf und fing an zu
schimpfen. Der Nachbar in der weißen Schürze und mit den aufgestülpten
Hemdärmeln blieb nichts schuldig, Kinder und Leute liefen zusammen,
und — hätt' ich ihn nur sehen können! — Satan stand gewiß in einer
Ecke der Gasse und blies mit vollen Backen in das Feuer.
Der Bäcker verließ den Kampfplatz zuerst, aber nur um seinen
Nachbar bei Gericht zu belangen. Die Sonne ging über dem Zorne der
beiden Männer unter, und den Tag darauf wurden sie vor Gericht ge¬
laden. Der Gerber wurde verurteilt, den totgebissenen Mordax mit einem
Reichstaler zu büßen, da doch, wie er sich als Jagdliebhaber ausdrückte,
der kleine Schäker nicht einen Groschen wert gewesen sei. Der Bäcker
mußte für den zertrümmerten Fensterflügel und das Loch in der Zeitung
nicht viel weniger bezahlen und sich mit seinem Widersacher in die ange¬
laufenen Gerichtskosten teilen.
Von nun an war zwischen den beiden Familien eine große Kluft
befestigt. Hinüber und herüber über die Gasse flog kein freundliches Wort
mehr. Ging die Gerberin links zur Kirche, so nahm die Nachbarin
ihren Weg rechts; saß der Bäcker im Posthanse außen in der Stube beim
Bier, so nahm der Gerber seinen Platz im Kabinett. Für den ganz
schuldlosen Teil, für die Kinder des Gerbers, gaben weder der Osterhase,
noch der gute Märtel, noch das heilige Kind durch die Frau Patin mehr
etwas ab.
So ging es fast drei Jahre. Einmal, am Ende des dritten, setzten
sich der Gerber und seine Hausfrau nachmittags an den Tisch, um ihren
Kaffee zu trinken. Aber als die Gerberin die Tischlade herauszog, war
kein Wecken zum Einbrocken darin. Ihr kleiner Helm, der neben ihr auf
den Zehen stand und auch hineinschaute, rief sogleich: „Mutter, einen
Groschen! Ich hole das Brot!" Dann wandte er sich in seiner kindlichen
Eilfertigkeit an den Vater und sagte: „Heut' aber lauf' ich nicht lange