49. Kapitel. Das Zeitalter der Völkerwanderung.
207
er an der Wolga auf ein Volk von solcher mongolischer Her¬
kunft, die Hunnen, die dort seit dem 2. Jahrhundert n. Chr.
erwähnt werden; dafs sie aus China vertrieben worden und
westlich gezogen seien, ist sehr unsichere Vermutung. Die
Hunnen überwältigten 375 die Ostgoten und warfen sich dann
auf die Westgoten, deren heidnischer Teil unter Athanarich
nach Siebenbürgen zurückwich, während die von Bischof Ulfilas
(gest. 381) zum Christentum Bekehrten unter Fritigern die
Erlaubnis erlangten, sich über die Donau auf römisches Gebiet
zu retten: es ist dies der Anfang der sog. Völkerwanderung,
deren Ergebnis die Besitznahme des ganzen Westens durch die
Germanen sein sollte. Da die Goten von den römischen Be¬
fehlshabern mit Mifstrauen und Unbilligkeit behandelt wurden,
griffen sie zu den Waffen und vernichteten am 9. August 378
den Kaiser Valens mit seinem Heer bei Adrianöpel in Thrakien.
Durch Theodosius I., einen hervorragenden Feldherrn von
spanischer Abkunft, den Gratianus jetzt als Mitkaiser annahm
(378'—95), wurden die Goten beruhigt, indem er ihnen Thrakien als
neue Heimat anwies und sie für „Verbündete“ (foederati) des Reiches
erklärte. Unter ihm wurden 393 die olympischen Spiele zum letzten
Mal gefeiert und das Heidentum sank zur Religion der Bauern (pagäni)
herab, bis es allmählich gänzlich erlosch. Im Abendlande endete
Gratiänus 383 und sein jüngerer Bruder Valentiniänus II. 392
durch Mörderhand, worauf Theodosius den Mörder Valentinians,
den Franken Arbogast und dessen Kaiser Eugenius, die beide
sich noch einmal auf die alten Götterdienste stützten, im Sep¬
tember 394 nach heifsem Kampfe am Fliifschen Frlgidus nahe
bei Aquileia besiegte und das Reich noch einmal vereinigte.
Aber als Theodosius am 17. Januar 395 in Mailand zu sterben
kam, hinterliefs er das Reich seinen beiden Söhnen in der Weise,
dafs Arkädius den Osten (mit Illyrikum), Honörius den
Westen erhielt *); und seitdem bleibt Ostrom, wohl auch das
byzantinische Reich genannt, von Westrom endgiltig getrennt.
Da beide Kaiser noch minderjährig waren, so sollte im Osten
der Gardepräfekt Runfmus, im Westen der Vandale Stllicho die
Regentschaft führen.
b. Die Eifersucht zwischen den beiden Regenten und die
*) Dem Gedächtnis hilft es nach, wenn man bedenkt, dafs Arkadius
den Teil erhielt, in dem Arkadien liegt.