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74. Vergessene deutsche Brüder. 
Es war zur Zeit, als das strahlende Gestirn der Stauferherrlich— 
keit am deutschen Himmel aufstieg, als König Geisa II. von 
Ungarn Boten in alle Länder sandte, um zur Ansiedlung im 
waldigen Berglande am Gürtel der Karpathen aufzufordern. Die 
da auszogen, waren vor allem Leute aus dem Gebiet der Mosel und 
der Nahe, Franken, denen in der Heimat die Räume zu enge geworden 
waren und die Herren zu strenge. Kein Geschichtsschreiber meldet 
von dem Auszuge dieser deutschen Bauern, kein Lied erzählt von ihren 
heldenhaften Kämpfen gegen die wilden Völker in jenen Bergwäldern, 
von der unsäglichen Mühe, mit der sie dem Voden die nötigste Nahrung 
abgewinnen mußten. Nur ihre heute noch erhaltene Mundart weist 
uns ihre engere Heimat nach. 60 Jahre später kam der Deutsche Ritter— 
orden nach Siebenbürgen, wie das neue Land genannt war, und 
wiederum zogen in den Jahren 1211 bis 1225 deutsche Moselfranken 
in das damals wüste Bergland, das heute ein blühender Garten ist. 
Die Ritter wurden vertrieben, weil sie dort im Ungarlande das selb⸗ 
ständige Reich aufrichten wollten, das sie dann später an der Ostsee 
schufen, die Vauern blieben aber dort und sitzen noch heute dort in 
schönen sauberen Städten, in wohlangelegten Dörfern mit trotzigen 
Kirchenburgen, hüten noch heute ihre alte Sprache in derselben Mund— 
art, wie sie vor Jahrhunderten gesprochen wurde, haben noch heute ihre 
alten Sitten, Gebräuche und Trachten. Wären wir hier im Heimat— 
land doch allezeit so treu deutsch wie diese Landsleute da draußen, 
die 750 Jahre lang, umbrandet von Magyaren, Rumänen und anderen 
Völkern ihr Volkstum treu und unverfälscht bewahrt haben! 
Aber außer diesen 250000 Sachsen, wie sie fälschlich genannt 
werden (Sassen, Insassen) gibt es im Ungarlande noch mehr als 
2 Millionen andere Deutsche. Schon zu Karl des Großen Zeit wurde 
die Gegend um Preßburg besiedelt, im frühen Mittelalter kamen 
deutsche Bergleute aus dem heutigen Königreich Sachsen in das 
ungarländische Erzgebirge, schürften nach Gold und gründeten die 
Städte Kremnitz, Schemnitz u. a.m. Im 18. Jahrhundert gingen die 
wanderfrohen Schwaben ins südungarische Gebiet rechts und links 
von der Donau, nach dem Banat und nach Syrmien, um das eben den 
Türken entrissene Gebiet zu neuer Blüte zu bringen. 
Aus einer Wüste ward ein blühend Eden, 
Aus Sümpfen hob sich eine neue Welt; 
Von diesem Land laßt deutsch und treu uns reden, 
Verachten den. der's nicht in Ehren hält. 
So singt Adam Müller-Guttenbrunn in seinem herrlichen Buche 
„Die Glocken der Heimat“ von diesem Lande. Wir aber hier in der 
Heimat wissen nichts von diesen 2 Millionen, in unseren Schulbüchern 
steht nichts von ihnen, die nicht eine einzige deutsche Schule be— 
sitzen. deren deutsche Zeitungen verfolgt und unterdrückt werden. und
	        
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