mehrere zu einem Zwecke vereinen, da gibt der einzelne einen Teil seiner
Rechte auf, und — er übernimmt Pflichten gegen die anderen, gegen das
Ganze. Zur Bestimmung dieser gegenseitigen Rechte und Pflichten bestehen
die Gesetze; es sind Leute berufen, welche für ihre Aufrechterhaltung Sorge
tragen. Letztere faßt man zusammen als Behörde, Regierung, Obrigkeit.
Der einzelne hat ihren Anordnungen zu folgen, sich den bestehenden Ein—
richtungen und Gesetzen zu unterwerfen. Das fordert auch die Religion.
„Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist!“
Das Bestehen des Staates ist unmöglich ohne seine fortdauernde Tätig—
keit. Neue Einrichtungen werden getroffen, die Mittel des Verkehrs ver—
mehrt, verbessert; weitere Gesetze erlassen; ihre Befolgung wird überwacht.
Der Staat sorgt für die Bildung seiner Bürger. Zum Schutze gegen fremde
Anmaßung und Feindseligkeit unterhält, ergänzt, vervollkommnet er die
Kriegsmacht. Diese Staatstätigkeit verschlingt gewaltige Summen. Sie
werden in der Hauptsache aufgebracht durch Zwangsbeiträge, welche der
Staat den Staatsangehörigen in bestimmtem Maßstabe auferlegt. Das sind
die Steuern. Die Forderung der Abgaben ist gerecht. Weil nämlich der
Staat aus der Gesamtheit der Staatsbürger besteht, so hat natürlich jeder
seinen Teil an den Auslagen zu tragen. Steuerzahlen ist also Pflicht.
Bringt denn der Staat dem Besteuerten auch Nutzen? Niemand kann
das bezweifeln. Denken wir nur an die Sicherheit des Eigentums, an den
Schutz gegen Ungerechtigkeiten und Unterdrückungen, an die Förderung von
Handel und Verkehr, so wird es klar, daß jeder einzelne an diesem Nutzen
Anteil hat. Wir merken die Vorteile weniger, weil wir von Jugend an
gewohnt sind, sie zu genießen. Sie fallen aber recht in die Augen, wenn man
einzelne Staaten miteinander vergleicht. Während z. B. in Rußland für
die Volksbildung und Förderung der Kultur wenig geschieht, während weder
für gute Gesetze gesorgt wird, noch die vorhandenen kräftig geübt werden
und die Untertanen der Willkür einzelner Beamten ausgeliefert sind, bewegt
sich bei uns alles im Kreise gesetzlicher Ordnung.
Noch ein anderer Nutzen der Staatsausgaben und der dadurch not—
wendigen Steuern verdient Erwähnung. Das ist der Umlauf des bedeuten—
den Kapitals. Bestände der Staat nicht oder könnte er ohne Ausgaben fertig
werden, so würde das Geld nicht in den Verkehr gelangen, wodurch für
Handel und Gewerbe bedeutender Ausfall entstände. Was der Staat ein—
nimmt, wird aber wieder verausgabt; es dient also dazu, ein großes Kapital
in Umlauf zu setzen. Brauchte der Landwirt keine Steuern zu entrichten,
so sparte er jährlich eine gewisse Summe; aber sein Verdienst wäre viel
spärlicher.
In den Anfangszeiten der Menschheit war jeder einzelne darauf
angewiesen, sich alle Bedürfnisse des Lebens selbst zu erzeugen. Das ist heute
anders, besser. Der Landmann sorgt für den Anbau des Getreides, für die
Viehzucht; der Handwerker für die Bedürfnisse des Hauses; der Arzt für die
Gesundheit des Leibes; die Geschäfte versorgen uns mit Waren. Einer
arbeitet also für den anderen, und jeder schafft auf seiner Stelle Nuten. Der
Staat aber ist es, der diese Gegenseitigkeit ordnet und erhält. So werden
die Beamten von den Abgaben der Landwirte, Handwerker usw. besoldet,
213