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Staaten verletzt. Ferner ist die erste Zeit des Koalitionskrieges gegen die 
französische Republik zu Anfang der neunziger Jahre an Rechtsbrüchen jeder 
Art überreich. Ueberall nahm England fremde Inseln und Stützpunkte fort, 
in erster Linie viele Inseln in Westindien. Dauernd gelang es den Eng— 
ländern, die fremden Kriegs- und Handelsflotten, selbst von Neutralen und 
auch von Verbündeten, zu schädigen, während die englische Kaperei und der 
Kreuzerkrieg sich von Jahr zu Jahr blühender gestalteten. Auch Englands 
Schiffahrt und Handel entwickelten sich troß aller bedeutenden Verluste glän— 
zend, mehr als 100 v. H. größer als in der vorhergehenden Friedenszeit. Sehr 
geschickt wurde der Schmuggelhandel ausgeübt, und dort, wo er an feindlicher 
Küste für England Vorteile mit sich brachte, nicht nur geduldet, sondern er— 
folgreich gefördert. England nährte sich weiter vom Seekriege, während der 
große Landkrieg wiederum gewaltig an den Kräften der Festlandstaaten 
zehrte. Für England begann die Zeit des Monopols der Seeherrschaft, gegen 
die von nun ab für mehr als ein Jahrhundert nicht anzukommen war. 
Zu einem der gewalttätigsten Rechtsbrüche aller Zeiten gestaltete sich 
dann im Jahre 1801 und später 1807 Englands Vorgehen gegen Dänemark. 
Jetzt versuchen viele heuchlerische Stimmen in England unser Vorgehen gegen 
Belgien als weit schlimmeren Fall eines Neutralitätsbruches hinzustellen; die 
Geschichte wird darüber richten, ja hat bereits gerichtet. 
Der von 1805—1810 währende tatkräftige Krieg Englands gegen den 
Handel, und zwar der ganzen Welt, war durchaus nicht allein die Folge von 
Napoleons Kontinentalsystemn. Dem Tyrannen zur See waren jett alle 
Mittel und Wege recht, wenn er nur Vorteil dadurch gewann. Der Schmuggel— 
handel blühte wiederum in großartiger Weise auf; Englands Krämergeist 
und Skrupellosigkeit zeigten sich in kaum nachahmungsmöglicher Form. 
Falsche Flaggen, falsche Schiffs- und Ladepapiere, scheinbare Wegnahme durch 
bestochene französische Kaper, alles dies wurde geschickt angewendet, um den 
Handel dauernd zu erhalten. .... 
Wie England es verstanden hat, während der Kriege gegen Napoleon 
überall in der Welt seine Zwingburgen zu errichten und sich die besten Lünder 
als Kolonien anzugliedern, noch dazu in der Mehrheit mit schrankenloser 
Willkür, gleich, ob Feind oder Freund gehörig, darüber hier zu sprechen, hieße 
Eulen nach Athen tragen (Malta, Helgoland). Wie es ferner verstand, 
Preußen-Deutschland um den gebührenden Siegespreis zu bringen, sei hier 
nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Die Herrschaft des Erdenrunds war 
England vor 100 Jahren in unbedingter Form zugefallen, wobei ihm alle 
Länder verständnislos geholfen hatten, „die in England die Vorkämpferin 
der Rechte und Unabhängigkeit Europas sahen, während es nie für andere als 
englische Interessen eingetreten war“, wie Goethe dies treffend ausgeführt 
hat. Die Neutralen und seine Verbündeten schädigte es dauernd im See— 
kriege, heimste große Gebietsteile ein und erlangte ein förmliches Handels— 
und Industrie-Monopol. Die gewaltige Wirkung der Seemacht, die langsam, 
aber gründlich wirtschaftlich in die Erscheinung tritt, wurde fast von niemand 
damals erkannt. Der Seekrieg steht den meisten fern, seine unmittelbaren 
Spuren werden nur gelegentlich von den Anwohnern der Küste bemerkt. ...
	        
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