hlaif unsarana gif uns himma daga.
(4. Bitte im gotischen Vaterunser.)
Gotisch hlaifs, ahd. leip ist unser Wort Caib, das
ursprünglich für Brot' gebraucht wurde, jetzt aber meist das
ganze Brot bezeichnet. EAls eins der wichtigsten Nahrungsmittel
genoß es hohe Achtung!, wovon neben den Resten uralter Ge—
bräuche (z. B. Begrüßung mit Brot und Salz) noch einige Wörter
zeugen. An die Zeiten patriarchalischer Sitten erinnert der eng⸗
lische Sordtitel, der aus dem altenglischen Worte hlaford
oder noch älterm hlafweard entstanden ist. Dem würde im
Gotischen das nicht überlieferte hlaifwards, d. h. Brot—
wart' entsprechen. So führt uns der stolze Titel zurück in die
Zeiten, da ein ganzes Gemeinwesen, Familie und Gesinde, zu
seinem Träger als dem Brotgeber, dem Ernährer, vertrauend
aufsah. Neben dem Brotherrn aber stand schaltend und waltend
die hlaefdige, die Brotverteilerin', die Brotgeberin; in
lady finden wir die Bezeichnung verkürzt wieder.
Auf mühevoller Wanderung durch Sumpf und Tann, auf
dem Kriegspfade oder dem Jagdzuge wird der eine oft sein Brot
mit dem Freunde oder Gesippen geteilt haben; daher nennt die
alte Sprache die treu zusammenhaltenden gahlaibans (got.)
oder gileibon (ahd.) — die „Gebroten“ müßten wir es über—
tragen!. Es ist verlockend, hier gleich noch andere Bezeichnungen
der Gemeinschaft anzuschließen. Die „Gebroten“ genossen
zusammen Speise und Trank, daher wir sie noch heute mit er—
weitertem Sinne Genossen nennen. Im Uiederdeutschen
heißt genossen gen oten, woraus mit mitteldeutscher stimm—
loser Aussprache des g kenoten oder knoten wurde.
Knote ist der studentische Ausdruck für Genosse und bezeichnet
jetzt besonders den handwerksburschen. — „Der wilde Falk ist
1Vgl. die Geschichte von Frau hitt.
2Võgl. frz. sompagnon aus mlt. cdompanis.
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