Full text: Auswahl deutscher Dichtungen aus dem Mittelalter

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Nicht will ich mehr von dix be⸗ Heut' ist es schon der dritte Tag 
gehren. Daß sie stets bittend zu uns sprach, 
Du kannst mir das nicht wohl ge- Wir möchten ihr es nicht verwehren 
währen, So mußten wir's ihr denn gewähren 
Was du in deinem Sinne trägst. Nun laß euch Gott durch sie gedeihn 
Die Treue, die du zu mir hegst, Da wir sie euch zum Opfer weihn.“ 
Die möge dir vergelten Gott. Da sich sein traut Gemahl erbot, 
Ich würde aller Welt zum Spott, Für ihn zu dulden gern den Tod, 
Wenn ich daran jetzt dächte, Und sie sahn, Ernst sei's ihr damit, 
Daß dieß mir Heilung brächte, Groß Ungemach ein Jeder litt, 
Und dann doch nichts erränge, Und alle sehr betrübt sich wiesen. 
Als wenn die That gelänge Dem Schmerze sie sich überließen 
Gemahl, du handelst wie ein Kind, Und klagten viel und mancherlei, 
Das sich entschließet zu geschwind: Herr Heinrich und mit ihm die 
Was denen kommt in Sinn und Drei 
Muth, Die Eltern weinten beide 
Sei es nun übel oder gut, In ihrem bittern Leide. 
Das wollen sie in allex Eile, Wohl waren sie in großer Noth 
Und dann gereut's in kurzer Weile. Um ihres lieben Kindes Tod. 
Gemahlin, so ist auch dein Thun. Herr Heinrich auch aufs Neue 
Zwar hast du es beschlossen nun; Gedachte ihrer Treue, 
Doch wer beim Wort dich nehmen Die ihm bewies ihr kindlich Herz, 
wollte, Und ihn auch faßte bitl'rer Schmerʒ 
Daß es zu Ende kommen sollte, Daß er zu weinen sehr begann 
Gereuen würde es dich doch.“ Und ungewissen Sinnes saun, 
Und daß sie etwas besser noch Sollt' er's thun oder unterlassen. 
Bedächte sich, das bat er. Nicht wußt er, einen Rath zu 
„Die Mutter und der Vater,“ fassen. 
Sprach er, „die möchten nicht ent- Vor Furcht nun weinte auch die 
behren Magd. 
Der Tochter. Nicht auch zu be⸗ Angst hatte sie, er sei verzagt. 
gehren So waren alle traurig sehr 
Geziemt mir's, da sie wohl mir Und dachten an nichts And'res 
thaten.“ mehr. 
Also der gute Heinrich sprach. Zuletzt jedoch in seinem Gram 
Des Mägdleins Eltern nun danach Herr Heinrich zum Entschlusse kam 
Erklaͤrten ihm: „Sehr habet ihr, Und sprach, er müsse allen Drein 
Geliebter Herr, uns für und für Auf alle Zeit verpflichtet sein 
Erwiesen Lieb' und Ehre, Für ihre Treu' und große Güte 
Daß es wohl Unrecht wäre, (Die Maid war fröhlich im Ge— 
Vergelten wir euch nicht das Gute. müthe, 
Treibt's unsre Maid in ihrem Daß er ihr folgte gerne); 
Muthe, Zur Fahrt nun nach Salerne 
Für euch zu gehen in den Tod; Bereitete er sich alsbald. 
Von uns kein Hinderniß ihr droht. Auch ihr ward ohne Aufenthalt
	        
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