Full text: Literaturdenkmäler des klassischen Altertums

Stets die Seele dem Tod' entgegentragend im Streite. 
So wie den nackenden Vöglein im Nest herbringet die Mutter 
Einen gefundenen Bissen, wenn ihr auch selber nicht wohl isft 
Also hab' ich i unruhiger Naͤchte durchwachet, 
Auch der bluͤtigen Tage genug durchlebt in der Feldschlacht, 
Tapfere, Männer bestreitend, um ihrer Gattinnen willen. 
Zwölf bevölkerte Städte hab' ich mit Schiffen verwüstet 
Und elf andre zu Fuß umher in der scholligen Troja; 
o Viele kostbaren Schätze hab' ich aus allen erbeutet, 
Alle hab' gebracht und geschenkt Agamemnon, dem König, 
Atreus' Sohn; er, müßig indes bei den rüstigen sen— 
Vahm die Schätz' und verteilt' ein weniges, vieles behielt er. 
Dennoch gab er den Helden und Königen Chrengeschenke, 
Die noch jeder verwahrt; nur mir von allen Achäern 
Nahm er's. — Was bewog denn zum Kriegszug gegen die Trosr 
Argos' Volk? Wozu führte er her die versammelten Streiter, 
Atreus' Sohn? War's n der lockigen Helena wegen? 
Lieben allein von den sterblichen Menschen denn jene die Frauen, 
Atreus' Söhn'? Ein jeglicher Mann, der edel und weis' ist, 
Liebt und pfleget die Seine mit Zärtlichkeit: so wie ich jene 
Auch von Herzen geliebt, wiewohl mein Speer sie erbeutet. 
Nun er mir aus den Händen den Siegslohn raubte mit Arglist, 
5 Vie versuch' er hinfort mich! Er wird i nimmer bereden! 
Sondern mit dir, Odysseus, und anderen Völkergebietern 
Sinn' er, wie von den Schiffen die feindliche Glut er entferne. 
Wahrlich n sehr vieles vollendet' er ohneé mein Zutun: 
Schon die Mauer errichtete er und baute den Graben. 
0 Dennoch kann er nicht die Gewalt des mordenden Hektor 
Bändigen! Aber als ich im Danaervolke noch mitzog, 
VNiemals wagt' es da Hektor, entfernt von der Mauer zu kämpfen; 
Sondern nur zum skäischen Tor und der Buche gelangt' er, 
5 Wo er einst mich erwartet' und kaum mir entfloh vor dem Angriff. 
Da ich entschlossen nun bin, nicht mit dem Hektor zu kämpfen, 
Bring morgen ein Opfer für Zeus und die anderen Göͤtter, 
Dann belad' t die Schiff, und nachdem ich ins Meer sie gezogen, 
Wirst, du schaun, so du willst und solcherlei Dinge dich kümmern, 
60 Schwimmen im Morgenrot auf dem flutenden Hellespontos 
Meine Schiff', und darin die emsig rudernden Männer, 
Und wenn glückliche Fahrt der Erderschüttrer gewähret, 
Werd' ich am dritlen Taͤg' in die Phthia gelangen. 
Vieles hab' ich daheim, das ich, hieher wandernd, zurückließ: 
n Anderes auch von hier, des röllichen Erzes und Goldes, 
Schöngegürtete Weiber zugleich und grauliches Eisen, 
Bring ich, durchs Los mir beschert; doch den Siegslohn — der ihn gegeben, 
Er nahm selbst in frevelnd hinweg, Agamemnon, der König, 
Atreus Sohn! Das alles verkünd so wie ich sage, 
0 Deffentlich: daß auch die andern im Volk der Achäer ergrimmen, 
Wenn er vielleicht noch einen der Danger hofft zu betruͤgen, 
Jener in Unverschämtheit Gekleidete! Schwerlich indes mir 
Wagt er hinfort, wenn u frech wie ein Hund, ins Antlitz zu schauen; 
Nimmer ihm werd' zu Rat mich vereinigen, nimmer zu Taten! 
Einmal betrog er mich nun und frevelte; nimmer hinfort soll 
Täuschen sein tückisches Wort; er laß' sich genügen! er 81 ins 
Grause Verderben! ihm raubte der waltende Zeus die Vesinnung. 
Greul sind mir seine Geschenk', und ich acht' ihn selber nicht fo viel!
	        
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