Full text: Spiegel neudeutscher Dichtung

— 126 — 
Geschichte machen, nicht leicht, Geschichte zn schreiben. Das 
Oberkommando, welches das am leichtesten tun könnte, 
war doch auch von zehn Uhr abends bis vier Uhr nach¬ 
mittags, also achtzehn Stunden, auf den Beinen, ehe einer 
die Feder wieder in die Hand nehmen konnte, und die 
Eisenbahnzüge gehen denn auch nicht gerade ab, wie man 
wünscht. 
Nach beendeter Partie Whist um zehn Uhr folgte 
ich mit Podbielski in meinem Wagen von hier über Gra- 
venstein nach Schanze X, von wo man den Alsensund 
wie einen breiten Fluß in der Morgendämmerung zu 
unseren Füßen glänzen sah. Dunkel lag noch die blut¬ 
getränkte Höhe von Düppel zur Linken, gekrönt von der 
Ruine der einst so stattlichen Mühle, rechts Sonderburg 
mit seinem finstern Schloß am Meer, wo Christian der 
Böse lange Jahre den Kampf gegen den schwedischen und 
dänischen Adel zu betrauern hatte. Tie ganz flache Spitze 
der Halbinsel Arnkiel war im Halbdunkel noch eben zu 
erkennen, und am äußersten Horizont die Halbinsel Mels. 
Der Meerbusen von Sandwig und die Augustenburger 
Föhrde, in welcher wir die feindlichen Schiffe und spe¬ 
ziell die Anwesenheit Rolf Krakes wußten, waren unseren 
Blicken entzogen. Tiefe Stille lag auf Alfen, von unserer 
Seite hörte man aus der Ferne den eigentümlichen Ton 
von Fuhrwerk mit eisernen Achsen. Es war die reitende 
Artillerie, die sich noch nach Rackebüll bewegte, wo sie 
in Reserve verbleiben sollte; sonst nichts. 
Das Wetter war ungemein günstig, ausnahmsweise 
windstill, ein trüber, verschleierter Himmel, daher so dunkel, 
wie es um die Zeit der größten Tageslänge in dieser 
Breite überhaupt nur werden kann, und eine milde Tem¬ 
peratur. 
Die Reitpferde waren in der Büffelkoppel aufgestellt, 
um später bei der Hand zu sein. Die Wagen blieben in 
Düppel, um jedes Geräusch zu vermeiden, und wir gingen 
zu Fuß in die zerstörte Schanze, welche das Aussehen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.