Emil Rittershaus 78
Ein dumpfer Seufzer tönt vom Munde;
Die alten Klagen werden laut.
Komm, Gott der Träume, still den Kummer
Und kränz die Schläfe mir mit Mohn!
Wer weiß, es küßt vielleicht im Schlummer
Der Mutter Geist den einz'gen Sohn.
544. Wissen und Können.
1. Wär' noch so viel dir auch beschert
Vom Wissen, gern will ich dir's gönnen;
Wohl hat das Wissen hohen Wert,
Doch deinen Wert gibt dir dein Können.
2. Ja, plünderst du auch frisch und dreist
Den Weisheitsbaum an allen Zweigen;
Nur was du schaffst aus eignem Geist,
Ist wahrhaft ewiglich dein eigen.
3. Die Geistesarmut streut herum
Voll Dünkel ihres Wissens Krumen;
Sie prahlt mit dem Herbarium
Von fremden, trock'nen Geistesblumen.
4. Doch wem vom Schicksal Schöpferkraft
Und inn'rer Schaffensdrang gegeben,
Dem dient nur alle Wissenschaft
Als Lebenstrank für eignes Streben.
5. Er spiegelt nicht wie blanker Stein
Nur ab der Sonne leuchtend Sprühen,
Verwandelt wird's in seinem Sein
Zu frischem Grün und duft'gem Blühen.
6. Wär' noch so viel dir auch beschert
Vom Wissen, gern will ich dir's gönnen;
Wohl hat das Wissen hohen Wert,
Doch deinen Wert gibt dir dein Können.
545. Auf dem Berge.
1. Nun bin ich auf den Berg ge— 2. Schon schaut im Wald durchs
stiegen —
Und schaue rings ins Land hinein. Zertret'ne Laub der Blumen Pracht;
Im Sonnenschein die Täler liegen; Schon hat die Lerche, hat die Schwalbe
Die Berge deckt der Sonnenschein; Der junge Lenz zurückgebracht.
Im Sonnenschein die Falter scherzen; Sie alle sind der Brust Propheten,
Im Sonnenstrahle blitzt der Quell. Propheten einer sel'gen Zeit;
Und in der Brust, im tiefen Herzen Aus tausend Pforten seh' ich treten
Wird's wieder licht und sonnenhell! Hin in die Welt die Fröhlichkeit.